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Willkommen in Deutschland – Ein Austauschstudent zu Gast

 

Sechs Wochen lang hatten wir Anand, einen amerikanischen Studenten bei Vaillant zu Gast. Neben Erfahrungen in der Firma und Ausflügen durch Europa konnte er auch das Leben in einer deutschen Gastfamilie kennenlernen. Wir haben mit Paul Gerlach, Anands Gastgeber und dualer Student bei Vaillant, über seine Zeit mit dem amerikanischen Austauschstudenten gesprochen.

21 Grad: Wie ist der Kontakt mit Anand zustande gekommen?

Tatsächlich wurde ich erst in zweiter Linie darauf aufmerksam gemacht. Auf unserer firmeninternen Seite wurde der Besuch eines amerikanischen Studenten angekündigt, der ein mehrwöchiges Praktikum bei uns machen sollte. Gleichzeitig wurde für ihn nach einer Gastfamilie innerhalb von Vaillant gesucht. Meine Schwester Lena, die ebenfalls bei Vaillant arbeitet, hat mir dann vorgeschlagen, mit ihr zusammen die „Gastfamilie“ – ich bin selbst erst 20 – für den Studenten zu sein. Wir haben uns gemeldet und wurden dann auch tatsächlich gewählt.

21 Grad: Wie habt ihr beide euch als Gastfamilie denn organisiert, deine Schwester und du?

Abendessen mit AnandWir haben beide eine eigene Wohnung, aber da wir nur eine Straße entfernt wohnen, war es sehr unkompliziert, uns abzustimmen. Ich hatte genug Platz bei mir in der Wohnung und habe Anand im Gästebett schlafen lassen. Meine Schwester hat ihn zur Arbeit mitgenommen. Es war auch nicht so, als ob meine Schwester und ich Dauerunterhalter für ihn spielen mussten. Anand wusste sich auch selbst zu beschäftigen, auch wenn wir natürlich viel gemeinsam unternommen haben. Ich würde mich auch nicht als Gastfamilie bezeichnen, eher als Gastbruder, immerhin bin ich nicht älter als er. Es hat sich eher angefühlt, als ob wir in einer WG für die Zeit gelebt haben.

21 Grad: Wie kam es denn überhaupt dazu, dass ein amerikanischer Student hier nach Deutschland kam?

Anand war nur einer von 18 Studenten, die mit einem Austauschprogramm nach Deutschland gekommen sind. Das Ruhr Fellowship Programm bietet seit einigen Jahren Studenten von amerikanischen Eliteuniversitäten wie Harvard oder Princeton die Möglichkeit, Deutschland kennenzulernen und hier Kontakte zu knüpfen. Dieses Jahr gab es den Deutschkurs an der Universität Duisburg-Essen und Exkursionen zu Orten wie den Braunkohletagebau in Garzweiler, bevor im zweiten Teil des Programms die Studenten ihre Praktika in teilnehmenden Firmen im Ruhrgebiet antraten. Vaillant ist Teil des Initiativkreises Ruhr und nimmt deswegen regelmäßig Studenten von diesem Programm auf.

21 Grad: Warum hast du dich entschieden, den Vorschlag deiner Schwester anzunehmen und der Gastgeber zu sein?

Ich war selbst einmal für ein Jahr (2013/14) in den USA. Ich habe die Piedmont High School in Oklahoma besucht und ebenfalls in einer Gastfamilie gelebt. Da habe ich festgestellt, dass die Gastfamilie zum größten Teil dafür verantwortlich ist, ob das Jahr dem Austauschschüler gut oder schlecht in Erinnerung bleibt. Ich hatte ein Riesenglück mit meiner Familie und besuche sie auch seitdem regelmäßig. So eine gute Erfahrung wollte ich Anand ebenfalls ermöglichen. Ich kannte die andere Seite und war daher überzeugt, ein guter Gastgeber sein zu können. Hinzu kam, dass er und ich gleichalt sind und es daher schon wahrscheinlicher war, dass wir ähnliche Hobbys haben. Und so war es tatsächlich, wir hatten eine coole Zeit miteinander.

21 Grad: Was stand denn meistens auf dem Tagesprogramm?

Nun, unter der Woche waren wir beide natürlich Arbeiten. Da er allerdings in einer anderen Abteilung während seines Praktikums gearbeitet hat, waren wir leider auch in getrennten Standorten in Remscheid. Er macht ein technisches Studium an der University of Pennsylvania, während ich ein duales Studium in International Business bei der Firma Vaillant mache. Daher war er auch in einer technischen Abteilung, während ich momentan im Marketing Deutschland unterwegs bin. Er ist meistens morgens mit meiner Schwester zur Arbeit gefahren. Mittags trafen die beiden und weitere Kollegen sich zur gemeinsamen Pause, um zu Essen und sich auszutauschen. Nach der Arbeit haben dann er und ich meistens etwas unternommen, damit er so viel wie möglich hier erlebt. Wir sind unter Anderem ins Fitnessstudio gegangen oder haben uns mit Freunden getroffen. Am besten gefallen hat mir der Grillabend mit den anderen dualen Studenten, wo er ebenfalls dabei war. Um die Abende ausklingen zu lassen, haben wir meistens zusammen gekocht und danach Game of Thrones geschaut.

21 Grad: Und was wurde an den Wochenenden unternommen?

Die Wochenenden hat Anand meistens genutzt, um Europa zu erkunden. Zum Beispiel hat er einen alten Freund besucht, der nach der High School von Michigan nach München gezogen ist, ist nach Genf gereist, um sich dort die Umgebung anzugucken oder ist mit seinen Austauschfreunden nach Amsterdam und Berlin gefahren, um ein Gefühl für die europäischen Städte zu bekommen.

Mir selbst wären es zu viele Städte auf einmal gewesen, aber er hatte ja nur etwas mehr als zwei Monate insgesamt, um Deutschland zu erkunden. Außerdem haben Amerikaner ein anderes Gefühl für Entfernungen. Für sie sind 9 Stunden pro Fahrt ganz normal, um mal einen Tag oder zwei bei Verwandten zu sein. Dagegen sind 7 Stunden von Hamburg bis München ein Klacks.  Das da oben sind ja nur ein paar Beispiele, welche Orte er besucht hat.

Aber auch wir beide sind, zusammen mit meiner Schwester, zu ein paar coolen Orten in der Umgebung gefahren. Lena und ich haben ihm u.a. Düsseldorf und Köln gezeigt und unternahmen eine kleine Wanderung zu Schloss Burg. Amerikaner haben diese alten Gebäude nicht und sind immer richtig begeistert von solchen Orten. Das habe ich schon festgestellt, als mich meine Freunde aus Oklahoma besuchen waren.

21 Grad: Was denkst du jetzt im Nachhinein über deine Zeit als Gastgeber für Anand?

Auf jeden Fall hatte ich eine gute Zeit mit ihm. Es war etwas Neues und komplett Anderes, einmal selbst der Gastgeber zu sein und meine Tür für einer mir bis dahin völlig unbekannten Person zu öffnen. Ich glaube, viele Leute haben da großen Respekt vor und würden das selber nicht tun. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es im Leben viele Entscheidungen gibt, bei der wir uns nicht sicher sein können, wo sie uns hinbringen. Die Frage ist doch, wie gehen wir mit solchen Möglichkeiten um? Ein Stück weit definieren uns unser Umgang mit solchen Fragen. Ich wäre nicht zu der Person geworden, die ich heute bin, hätte ich die Möglichkeit abgelehnt, nach Amerika zu gehen – zu mir bis dahin völlig unbekannten Personen und einem völlig unbekannten Ort.

21 Grad: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute für dein Studium bei Vaillant!

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