Einfach nachfüllen: In Läden mit diesem Aufkleber gibt es Leitungswasser für jeden und kostenlos.
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Sind Bio-Verpackungen besser für die Umwelt?

 

Coffe-to-go-Becher mit Deckel, Pizzakartons und Einwegflaschen: Viele dieser Verpackungen bestehen aus Kunststoff oder aus kunststoffbeschichtetem Papier und werden nur einmal genutzt. Dann landen sie im Müll, wo sie oftmals verbrannt und eher selten recycelt werden. Doch wie sieht es mit alternativen, vermeintlich nachhaltigeren Lösungen aus? Und was können wir tun, um gar nicht erst so viel Abfall zu produzieren?

Verpackungsmüll in Deutschland erneut auf Rekordhoch gestiegen

Mitte November 2019 veröffentlichte das Bundesumweltamt die neuesten Zahlen: Demnach fielen im Jahr 2017 insgesamt 18,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an – das entspricht drei Prozent mehr als noch im Vorjahr. Pro Person verbrauchen wir also 226,5 Kilogramm. Wir Privatverbraucher sind daran mit 107 Kilogramm pro Kopf beteiligt: 47 Prozent aller Verpackungsabfälle fallen also in unseren Haushalten an. Als Gründe für das steigende Müllaufkommen nennt das Umweltbundesamt u. a. den Trend, sich Produkte aller Art vor die Haustür liefern zu lassen. Hinzu kämen die vielen Einwegboxen und -becher, in denen wir uns Essen und Trinken aushändigen lassen – zum Verzehr unterwegs oder nach kurzer Aufwärmung in Ofen oder Mikrowelle.

Sind Mehrwegboxen und -becher aus Kunststoff wirklich besser für die Umwelt?

Wenn Kunststoff lange genutzt wird, keine Schadstoffe absondert und am Ende im Recycling oder der ordnungsgemäßen Entsorgung landet, ist er nicht generell schlecht für die Umwelt oder Gesundheit. Laut Verbraucherzentrale spricht nichts gegen Mehrwegbecher aus Polypropylen (PP). Gleiches gilt für Frischhalte- oder Brotdosen aus Polyethylen (PE), sofern sie nicht erhitzt werden. Bedenklich ist dagegen das Polycarbonat (PC) in Mikrowellengeschirr und für Mixbecher: Es wird aus hormonell wirksamen Bisphenol A (BPA) hergestellt, das übrigens auch in der Kunstharzbeschichtung von Konservendosen enthalten sein kann.

Was ist mit Bambus, Palmblättern, Zuckerrohr oder Holz?

Nachhaltig sind sie leider nicht, da die Herstellung von To-go-Behältern und -bechern aus diesen Materialien energieaufwendig ist und sie nach ihrer Nutzung zumeist verbrannt werden. Außerdem sind Bambusbecher in der Regel nicht für Heißgetränke geeignet, da sie auch Kunststoffe wie Harnstoff-Formaldehydharze, Melaminharz oder Polylactate enthalten. Melaminharz kann bei Säure- oder Hitzeeinwirkung (über 70 °C) Formaldehyd und Melamin an Lebensmittel abgeben. Kompostierbare Kunststoffe sind ebenfalls aufwendig herzustellen und zersetzen sich nur sehr langsam in der Natur. Daher haben sie auch im Biomüll nichts verloren: Sie werden von den Müllverwertern aussortiert und verbrannt, da es die entsprechende Recycling-Technik noch fehlt.

Wie können wir Einwegverpackungen einsparen?

Tipp 1: Leitungswasser trinken

Unser Leitungswasser ist jederzeit in guter Qualität verfügbar. Außerdem ist es extrem günstig. In Glas- oder Edelstahlflaschen lässt es sich prima mitnehmen und nicht nur in Läden mit „Refill“-Schild im Fenster kostenlos nachfüllen.

Tipp 2: Kaffee im eigenen Becher

Immer mehr Coffee-to-go-Anbieter füllen Kaffee oder Tee auch in mitgebrachte Becher ab. Manchmal ist dann sogar ein Preisnachlass drin. Auf www.coffee-to-go-again.de findet Ihr rund 300 Cafés, Bäckereien und Kioske in Deutschland, die Eure Becher ausdrücklich begrüßen.

Tipp 3: Essen in mitgebrachte, wiederverwertbare Behältnisse füllen lassen

Diese Lösung ist im Grunde ganz einfach: Man muss nur morgens daran danken, eine saubere Mehrwergverpackung einzustecken. Gleiches gilt für die gute alte Brotdose, die in Bäckereien oder an Kiosken Tüten und Folien überflüssig macht.

Tipp 4: Unnötig in Plastik verpackte Produkte im Regal stehen lassen

Wir Käufer haben die Macht. Denn wir entscheiden darüber, ob ein Produkt läuft – oder als Ladenhüter irgendwann aus dem Sortiment verschwindet. Dessen sollten und müssen wir uns bewusst sein, wenn wir die Plastikflut eindämmen wollen. Denn brauchen wir wirklich Karotten in Plastikfolie?

Tipp 5: Unverpackt-Läden besuchen

In solchen Läden können wir Waren wie Nudeln, Reis, Müsli, Nüssen, Obst, Gemüse, Eier, Gewürze, Geschirr-, Putz- Reinigungs- und Waschmittel und vieles mehr in mitgebrachte Verpackungen abfüllen und kaufen.

Im Unverpackt-Laden wird auf unnötige Verpackungen verzichtet.

Im Unverpackt-Laden wird auf unnötige Verpackungen verzichtet.

Müssen Geschäfte mitgebrachte Becher und Behältnisse befüllen?

Nein, Einzelhändler sind nicht dazu verpflichtet – bieten es aber oftmals an. Wundert Euch nicht, wenn Eure mitgebrachte Verpackung dann aus Hygienegründen auf und nicht hinter der Theke mit dem Essen Eurer Wahl befüllt wird. Bei Heißgetränken ist die hygienische Befüllung von mitgebrachten Bechern etc. sowieso kein Problem.

Ab 2021 ist Einwegplastik in der EU verboten

Schon nächstes Jahr sollen bei uns keine Trinkhalme, Geschirr oder Wattestäbchen aus Kunststoff mehr verkauft werden dürfen. Gleiches gilt auch für (Kaffee-) Becher aus expandiertem Polysterol sowie oxodegradierbare Kunststoffe und Lebensmittelbehälter. Letzteres sind Kunststoffe, die zwar zersetzt werden können, aber nicht kompostbierbar bzw. biologisch abbaubar sind. Dadurch werden Pfand-Mehrwegbehältnisse immer mehr zum Thema.

Coffee-to-go im Pfandbecher, bitte!

Allein in Deutschland schmeißen wir pro Stunde 320.000 Becher weg – die Deckel nicht mitgezählt. Da sie zumeist aus beschichteter Pappe bestehen, wird nur ein Prozent davon recycelt. Pfandbecher-Systeme wie ReCup oder FairCup versuchen, die Becherflut einzudämmen: Wenn Ihr Euch einen solchen Becher leiht, schenken Euch viele teilnehmende Gastronomen und Einzelhändler beim nächsten Mal Kaffee oder Tee zum reduzierten Preis aus – in einem neuen gespülten Pfandbecher. Den benutzten könnt Ihr bei allen teilnehmenden ReCup- bzw. FairCup-Partnern zurückgeben.

Besonders smart: CupClub aus London

Die Londoner Architektin Safia Qureshi entwickelte den CupClub.

Die Londoner Architektin Safia Qureshi entwickelte den CupClub.

Noch cleverer ist der von der Londoner Architektin Safia Qureshi entwickelte CupClub. Das Design der Becher ist so schlicht, dass selbst heißblütigste Sammler cool bleiben. Außerdem sind sie wie die Deckel mit RFID-Mikrochips ausgestattet, was sie jederzeit lokalisierbar macht: Loggt sich der Kaffee-Genießer beim nächsten Besuch in die App ein, weiß das Café, wer seinen Becher am Straßenrand entsorgt hat und ob es die drei Pfund Pfand pro Becher oder Deckel nochmals verlangen muss. Die Überlegungen dahinter: Bevor wir sechs Pfund – bzw. sechs Euro in Europa – wegwerfen, gehen wir bis zum Sammelcontainer an der nächsten Ecke. Außerdem gibt es ein Belohnungssystem für Finder! CupClub sammelt und wäscht die Becher ressourcensparend in industriellen Geschirrspülern und bringt sie dann wieder zu den Cafés zurück. Das Unternehmen steht in Verhandlungen mit Ketten wie Starbucks und McDonalds, die das System demnächst auch in Amerika testen wollen.

Wir sind Weltmeister im Recyceln! Stimmt das überhaupt?

Das hängt vom Material ab: So ist die Recyclingquote bei Papier und Karton mit rund 88 Prozent und bei Glas mit rund 84 Prozent vergleichsweise hoch. Bei Kunststoffverpackungen gibt das Umweltbundesamt eine Wiederverwertungsquote von nahezu 50 Prozent an. Experten zufolge liegt die Quote aber eher bei 30 bis 40 Prozent: Bei uns gelten Plastikverpackungen bereits als „recycelt“, wenn sie in einer Sortieranlage ankommen – unabhängig davon, ob sie dann tatsächlich wiederverwertet oder verbrannt werden. Und da etwa 30 Prozent des Inhalts von gelben Säcken und Tonnen als nicht recyclingfähig gelten, landen sie im Feuer. Oder im Export.

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Ein Kommentar

Gisela Engelhardt

Es könnte doch schon eher möglich gemacht werden, dass keine Stoffe, die nicht kompostierbar sind, hergestellt, bzw. verwendet werden. Es wäre doch angesichts der prekären Situation sehr wichtig.

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