Paketroboter
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Wenn der Roboter an der Haustüre klingelt – der Weg zur nachhaltigen Lieferung Teil 2

 

Ein Roboter, der die Pakete ausliefert? Was zunächst nach Science-Fiction klingt, ist in Hamburg bereits Realität. Egal ob Corona-Test, Lebensmittel oder Pakete – kleine Roboter transportieren die Waren kontaktlos zum Kunden. Das ist besonders in Corona-Zeiten gefragt. In Teil 2 unserer Serie zu nachhaltigen Lieferkonzepten stellen wir euch vor, wie die autonome Paketauslieferung durch Roboter gelingt.

PaketlieferungLieferroboter auf Hamburgs Straßen sind nicht neu: Bereits in den Jahren 2016 und 2017 testete Hermes zusammen mit der Firma Starship aus San Francisco den Einsatz von Paketzustellrobotern. Die autonomen Helfer übernahmen jedoch nicht die Aufgabe der klassischen Paketboten, sondern bekamen einen neuen Auftrag: Sie brachten nicht zugestellte Pakete von Hermes-Shops bis zur Haustür der Kunden. Die Empfänger konnten sich so den Weg zur Abholung sparen – und Paketboten die mehrfachen Zustellversuche. Und auch für die Retoure von Paketen konnten Kunden die Roboter online anfordern. Diese holten die Sendung dann innerhalb eines 15-minütigen Zeitslots an der Haustür ab und transportierten sie zum nächsten Paketshop. Entriegelt wurden die Transportfächer der Roboter über einen individuellen Link, den die Kunden per SMS erhielten. Dadurch sind die Pakete vor Diebstahl geschützt.

Ökologisch unterwegs auf „der letzten Meile“

Die Roboter sind aber nicht nur eine sichere Art des Pakettransports, sondern auch eine ökologische, da sie elektrisch betrieben werden. Insbesondere für Lieferungen auf der letzten Meile, also bis zur Haustür der Endkunden, sind sie daher eine wichtige Option. Denn die letzte Meile ist für die höchsten Emissionen im Pakettransport verantwortlich. Etwa die Hälfte der Paketsendungen können nicht bei der ersten Zustellung an den Endkunden geliefert werden. Während ein einmaliger Zustellversuch etwa 275 Gramm CO2 pro Paket verbraucht, werden bei der dreimaligen Anfahrt des Paketboten bereits 1.108 Gramm CO2 ausgestoßen. Das entspricht etwa den Abgasen, die ein Mittelklassewagen auf einer Strecke von fünf Kilometern verbraucht. Hinzu kommt, dass die letzten Meter zum Kunden für Paketdienste mit erheblichen Kosten verbunden sind: Eine Zustellung, die nicht per Erstversuch gelingt, erhöht die Kosten bereits um bis zu 25 Prozent.

Mithilfe der Roboter können Pakete in Abstimmung mit dem Kunden präzise und effizient nach Hause geliefert werden – jeder Dritte kann sich das für die Zukunft vorstellen. Gleichzeitig können Kunden den Robotern auf dem Rückweg ihre Retoure mitgeben, wodurch Leerfahrten eingespart werden. Das reduziert nicht nur die Kosten, sondern senkt auch CO2-Emmissionen.

Roboter auf der Straße – wie funktioniert das überhaupt?

Mit sechs km/h, also Schrittgeschwindigkeit, sind die Roboter unterwegs und das ausnahmslos auf Fußwegen. Gesteuert werden sie über GPS und können einen Radius von sechs Kilometer abdecken. Dank eingebauter Kameras und Sensoren können die Lieferroboter Hindernisse automatisch erkennen und ihnen ausweichen. Auch Fahrradwege und Straßen können so sicher überquert werden. Mithilfe der flexiblen Hinterachse bewältigen sie sogar 15 Zentimeter hohe Bordsteine. Gleichzeitig sorgen hell leuchtende LEDs dafür, dass Passanten die Roboter auch von Weitem gut erkennen können. Während des Pilotprojekts von Hermes begleitete zudem eine Person, ein sogenannter „Handler“, die Roboter auf ihrem Weg vor Ort. Gleichzeitig wurden die Roboter live aus der Leitzentrale von Starship überwacht, um bei Bedarf sofort eingreifen zu können.

Smarte, sichere und saubere Zustellung

Die Roboter von Starship können aber nicht nur Pakete ausliefern, auch als Pizzabote geben sie eine gute Figur ab. Im Jahr 2018 erprobten Domino`s und Foodora sechs Monate die Zusteller auf Rädern als Essenslieferanten. Bis zu fünf Pizzen fanden zeitgleich im Roboter Platz – warmgehalten durch eine spezielle Transporttasche. Und das Beste daran: Die Zustellung erfolgte sicher, sauber und smart, egal bei welchem Wetter.

Drei Liter Milch und zwei Pakete Butter, bitte

Seit 2020 sind die Lieferroboter in Hamburg als rollende kulinarische Transporter zurück – und das inzwischen ohne „Handler“, also Begleitperson vor Ort. Eine Fernüberwachung für den Notfall gibt es aber immer noch. In der Corona-Pandemie unterstützen sie Menschen durch kontaktloses Einkaufen. Egal ob Milch, Butter, Eier, Obst oder Sushi – die Roboter beliefern Menschen zu Hause mit Waren aus dem Supermarkt oder von Gastronomen und ersparen ihnen so das Warten in überfüllten Läden. Gleichzeitig unterstützt Starship dadurch Händler, die sich einen eigenen Lieferdienst nicht leisten können. Die Lieferroboter tragen zudem zur Reduzierung des traditionellen Lieferverkehrs und damit zur Minderung von CO2-Emissionen bei.

Corona-Test per Lieferroboter

Neben Paketen und Lebensmitteln können die Lieferroboter auch Medikamente und Blutproben transportieren – oder eben Corona-Tests. Das ist insbesondere während der Corona-Pandemie ein gefragtes Einsatzgebiet. Die autonomen Zustellroboter übernehmen in Hamburg für die Asklepios Klinik eilige Lieferungen zum Labor. Dadurch ist die Klinik nun deutlich flexibler. Und auch Corona-Tests bringt er Personen direkt vor die Haustür und von dort sicher ins Labor. So kann die Ansteckungsgefahr reduziert werden.

Pilotprojekte mit Potenzial – aber auch offenen Fragen

Paketroboter wird beladenDie Einsätze der Lieferroboter in Hamburg beweisen, die autonomen Zusteller auf Rädern sind vielseitig einsetzbar – und es gibt noch zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten. Daran forscht auch das Projekt „bergisch.smart_mobility“, das sich mit nachhaltiger Mobilität im Bergischen Land befasst. Denkbar sei beispielsweise, dass Roboter die Zustellung bei besonders zeitkritischen Lieferungen, zu ungewöhnlichen Lieferzeiten oder in abgelegenen Gegenden übernehmen. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, herauszufinden, für welche Möglichkeiten sich die autonome Auslieferung lohnt und wie sie in die bestehenden Logistikprozesse integriert werden kann. Bis Lieferroboter aber auch im Bergischen Land oder sogar deutschlandweit über unsere Gehwege rollen, sind noch einige Fragen zu klären: Beispielsweise müssen Roboter lernen, auch in engen Passagen umgeben von vielen Fußgängern nur mit minimalen Eingriffen aus der Ferne zu navigieren. Neben technischen Hürden müssen auch ökonomische Fragestellungen und rechtliche Rahmenbedingungen geklärt werden. Denn in Hamburg fahren die autonomen Roboter aktuell per Ausnahmegenehmigung.

Roboter als Teil der Mobilität von Morgen?

Roboter bieten großes Potenzial, traditionelle Lieferkonzepte zu ergänzen und zur Entlastung des Verkehrs beizutragen. Insbesondere für die Lieferung auf der „letzten Meile“ zum Kunden ermöglichen sie es, die bisherigen Prozesse zu automatisieren und nachhaltiger zu gestalten. Denn Roboter sind ein sauberes und ökologisch nachhaltiges Transportmittel. Sie sind somit ein wichtiger Teil nachhaltiger Lieferstrategien. Damit diese funktionieren, brauchen wir aber ganzheitliche ineinandergreifende Konzepte und ein entsprechendes Bewusstsein sowie Akzeptanz in der Politik und der Bevölkerung. Und wer weiß, vielleicht klingelt dann bald nicht mehr der Paketbote, sondern der Lieferroboter an unserer Haustür?

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