Wärmepumpenkaskade heizt ReihenhäuserVon fossilen Brennstoffen zu erneuerbarer Energie: Vorbild im Wohnungsbau
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2024 stand eine Wohnungseigentümergemeinschaft eines fünfgeschossigen Mehrfamilienhauses in Bad Schwartau vor der Entscheidung, wie die zukünftige Wärmeversorgung aussehen soll. Der alte 150-kW-Gaskessel musste ersetzt werden. Nach Prüfung verschiedener Optionen fiel die Wahl auf eine Kaskade aus drei Luft/Wasser-Wärmepumpen vom Typ aroTHERM plus (je 10 kW) sowie einen Spitzenlast-Gaskessel ecoTEC plus (63 kW) zur Warmwasserbereitung.
Das Gebäude war früher Teil eines Nahwärmenetzes mit einer zentralen Ölheizung im Haus selbst. Nach dessen Auflösung vor rund 30 Jahren stellte man auf Gas um. „Die meisten anderen Hauseigentümer in der Nachbarschaft haben sich damals anders entschieden und an Fernwärme anschließen lassen“, erinnert sich Walter Neundorf. „Unsere Eigentümergemeinschaft aber wollte schon immer unabhängig sein.“ Diese Entscheidung zahlte sich aus: Während viele Nachbarn 15–16 Cent/kWh für Fernwärme zahlten, kam die Gemeinschaft mit nur 7,3 Cent/kWh für Gas deutlich günstiger weg. Auch beim aktuellen Heizungstausch war eine wirtschaftliche und zukunftssichere Lösung das Ziel.
„Zeigt man auf, wie sich die Energiekosten durch die CO₂-Bepreisung entwickeln, überzeugen sich Wohnungseigentümer schnell, in Wärmepumpen als nachhaltigen Ersatz zur Gasheizung zu investieren.“Walter NeundorfWEG-Beiratsvorsitzender

Das Gebäude am Mühlenberg stammt aus den späten 1960er-Jahren und ist Teil einer städtebaulich gemischten Siedlung mit Reihenhäusern, Schulstandorten und Geschosswohnungsbau. Der 5-Geschosser gliedert sich in drei Flügel mit insgesamt 20 Wohneinheiten. Mit seiner ursprünglichen Ölheizzentrale war das Gebäude jahrzehntelang infrastruktureller Mittelpunkt der Nachbarschaft.
Vor rund 15 Jahren hat das Gebäude einen Vollwärmeschutz bekommen. Aber ohne Dachsanierung und ohne Fenstertausch. „Technisch“, sagt Fachhandwerker Henrik Behnke von Behnke Haustechnik aus Ahrensbök, der die Heizungsumstellung begleitete, „wurde die nun realisierte Umrüstung der Heizungsanlage von Gas auf eine Wärmepumpenlösung insofern etwas erleichtert.“ Das Verteilnetz wurde bei der aktuellen Sanierung komplett modernisiert. Dabei wurde neben den technischen Anforderungen auch der optische Anspruch berücksichtigt: „Eine schöne Heiztechnik braucht eben auch einen entsprechenden Rahmen“, so Verwalter Frank Sigmund.

Die Wärmepumpenkaskade besteht aus drei aroTHERM plus Luft/Wasser-Wärmepumpen, ergänzt durch zwei Multifunktionsspeicher allSTOR plus ( 800 und 1.000 Litern), zur Wärmepufferung. Die Trinkwasserbereitung erfolgt über zwei Trinkwasserstationen aguaFLOW exclusiv, die in Kombination mit vier neuen Zirkulationssträngen den Erhalt der Trinkwasserhygiene garantieren.
Durch einen hydraulischen Abgleich und den Austausch von über 100 Ventilen wurde das Heizsystem optimal eingestellt. Heute genügt eine moderate Temperaturspanne von 55 °C Vorlauf und 48 °C Rücklauf – das nennt man „Spreizung“. Diese effiziente Einstellung wirkt sich direkt auf die Leistung der Wärmepumpe aus: Nach dem ersten Winter liegt die Jahresarbeitszahl bei beeindruckenden 4,0. Das bedeutet, dass die Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom etwa vier Kilowattstunden Wärme erzeugt.
Ein ecoTEC plus Gas-Brennwertgerät (63 kW) dient als Backup für Spitzenlasten. „Gebraucht wurde das bislang aber nicht“, hält Beiratsvorstand Neundorf nach. Vielleicht auch, weil der Warmwasserbedarf in dem Hochhaus mit lediglich einem Kubikmeter pro Tag außergewöhnlich gering ist. Fachhandwerker Henrik Behnke erklärt: „Mit dem Gas-Brennwertgerät steht eine Reserve zur Verfügung, die Spitzenlasten abfangen kann, ohne die Leistungszahl der Wärmepumpen selbst zu beeinträchtigen.“
Trinkwasser, das für den menschlichen Verzehr bestimmt ist, muss frei von Krankheitserregern sein, geschmacklich neutral, kühl sowie farb- und geruchlos. Darüber hinaus sollte es bestimmte Mindest- und Höchstwerte an gelösten mineralischen Stoffen enthalten.
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Ein hydraulischer Abgleich optimiert Druckverhältnisse und Volumenströme in Heizungs- oder Warmwassersystemen, um jeden Verbraucher gleichmäßig mit der benötigten Wassermenge zu versorgen. Ohne diesen Abgleich können ungleichmäßige Wärmeverteilung und erhöhte Geräuschentwicklung auftreten, was zu einem höheren Energieverbrauch führt.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Heiztechniklexikon.
Die Vorlauftemperatur ist die Temperatur des Heizungswassers, das vom Wärmeerzeuger zu den Heizflächen wie Heizkörpern oder Fußbodenheizungen geleitet wird. Je höher die Vorlauftemperatur, desto höher ist auch der benötigte Energieaufwand.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Ratgeber.
Die Rücklauftemperatur bezeichnet die Temperatur des Heizwassers, das nach der Durchströmung der Heizkörper oder Fußbodenheizung zum Wärmeerzeuger zurückkehrt. Während des Durchlaufs gibt das Wasser Energie in Form von Wärme ab, wodurch der Raum beheizt wird.
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In Hybridsystemen, bestehend aus beispielsweise Wärmepumpe und Gasheizung, übernimmt ein Spitzenlastheizgerät die Aufgabe, bei besonders kalten Temperaturen oder erhöhtem Wärmebedarf zusätzliche Wärme zu liefern. Während die Wärmepumpe effizient die Grundlast abdeckt, sorgt das Spitzenlastheizgerät dafür, dass die gewünschte Raumtemperatur schnell erreicht wird, indem es flexibel und effizient die Hauptwärmeerzeuger unterstützt.
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Walter Neundorf zieht nach einem halben Jahr Betriebszeit eine positive Bilanz: „Die Investition in Höhe von rund 125.000 Euro, inklusive aller Umfeldmaßnahmen, abzüglich Förderung (70.000 Euro) über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) lag zwar deutlich über den Kosten für einen Fernwärmeanschluss. Auf 20 Jahre Nutzungsdauer gerechnet ist die nachhaltige Wärmepumpenlösungen jedoch wesentlich günstiger. Zudem sind wir unabhängig von der Preispolitik zentraler Versorger. Wir können also langfristig verlässlicher kalkulieren, da wir nicht mit unvorhersehbaren Kostensprüngen für Energie rechnen müssen.“
Bereits zu Beginn war klar, dass die Entscheidung für erneuerbare Energien mit höheren Investitionen verbunden sein würde. „Dem gegenüber aber sahen wir die attraktiven Förderkonditionen, die uns die Entscheidung deutlich erleichtert haben“, so Neundorf. Die Kombination aus 35 % Basisförderung und weiteren 30 % für selbst genutzten Wohnraum sorgte für erhebliche Entlastung – ebenso wie die enge Begleitung durch Handwerk und Hersteller bei der Antragstellung.

