Wärmepumpe: Was ist Sache, Europa?
Europa zwischen Euphorie und Ernüchterung. Die Wärmepumpe ist in aller Munde – aber die Märkte entwickeln sich denkbar unterschiedlich.
Denn während in Nordeuropa schon in fast jedem Haushalt eine Wärmepumpe steht, im Süden die Begeisterung gerade wächst, herrscht in anderen Ländern noch Skepsis oder Unsicherheit. Das hat gute Gründe. Wir geben euch den Überblick!
Warum die Wärmepumpe in Europa jetzt durchstartet
Die Wärmepumpenmarkt kannte europaweit seit zehn Jahren nur eine einzige Richtung: dynamisch nach oben. 700.000 Einheiten in 2014, schon 1,4 Millionen fünf Jahre später, das Doppelte (!) in 2022 – und dann der Knick. 2024 wurden in Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden und Großbritannien „nur noch“ 2 Millionen Anlagen installiert (Quelle: European Heat Pump Association.) Ein wesentlicher Grund waren die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten (Stichwort: Ukraine-Krieg; Zollbeschränkungen der USA), ein anderer das Auslaufen von Förderprogrammen.
Doch jetzt dreht sich das Blatt wieder. Nicht zuletzt angesichts problematischer Lieferketten und möglicher Preissteigerungen bei fossilen Brennstoffen investieren die Verbraucher wieder deutlich stärker in Wärmepumpen, die aus einer Kilowattstunde Antriebsenergie drei oder vier Kilowattstunden Wärme erzeugen. In den ersten zehn Monaten des Jahres, also bis Oktober 2025 stieg der Wärmepumpenabsatz in Deutschland beispielsweise wieder um 57 % an.
Denn wie volatil der Wärmemarkt gerade aufgrund von Preisentwicklungen, damit letztlich auch Förderungen ist, hat sich speziell in den vergangenen beiden Jahren gezeigt: Am stärksten traf die Negativentwicklung 2024 Belgien (- 40 %) und Deutschland (- 48 %). In Großbritannien hingegen legte der Absatz von Wärmepumpen um 63 % zu – und bestätigte damit unmittelbar die Bedeutung einer nachhaltigen Förderpolitik. Denn sowohl wirtschaftlich wie ökologisch gilt trotz des übergeordneten Trends: Die Vorteile der Wärmepumpe sind im Vergleich zu konventionellen Wärmeerzeugern unstrittig – und zahlen sich für jeden Hausbesitzer in der langfristigen Betrachtung in jedem Falle aus. Das zeigt auch der Blick über die Landesgrenzen:
Skandinavien – die Wärmepumpen-Fans
Norwegen, Schweden, Finnland – hier ist die Wärmepumpe so selbstverständlich wie Schnee im Winter. Denn Klimaschutz war schon früh ein Thema. Schweden führte bereits 1991 eine CO2-Steuer für Privatverbraucher ein, die fossile Brennstoffe verteuerte. Aktuell liegt der CO2-Preis dort bei knapp 134 Euro pro Tonne, während er in Deutschland bei rund 55 Euro (ab 2026 bis 65 Euro/t.) liegt. Gleichzeitig wurde gefördert – nicht nur finanziell, sondern auch die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie, was für Vertrauen in der Bevölkerung sorgte. Und weil Gasnetze in den dünn besiedelten Regionen Mangelware sind, war und ist die Wärmepumpe oft die beste und einzige Option. Hinzu kommen die teilweise signifikant niedrigeren Strompreise: 2024 kostete die kWh in Europa durchschnittlich 28,7 ct. In Finnland waren es 27,3 ct, in Schweden nur noch 24,1 ct, und in Norwegen sogar lediglich 19 ct.!
Frankreich – die ehrgeizigen Nachbarn
Frankreich ist nicht nur eines der Länder mit der höchsten Verbreitung von Wärmepumpen, sondern auch der größte Markt und Hersteller für Wärmepumpen. Und das soll auch so bleiben: Bis 2027 will Frankreich eine Million Wärmepumpen pro Jahr produzieren. Daher fördert die Regierung nicht nur den Einbau, indem sie beispielsweise die Installation von Wärmepumpen auf Dächern erleichtern will. Sie fördert auch den Bau neuer Fabriken – vor allem durch Steuergutschriften. Die Ziele: weniger fossile Brennstoffe, mehr Klimaschutz und neue Jobs. Darüber hinaus werden in Frankreich Wärmepumpen auch vermehrt von der Industrie genutzt.
Italien – nach dem Superbonus
Die Verbreitung von Wärmepumpen nimmt in Italien ebenfalls zu – wenn auch nicht so dynamisch wie im Norden Europas oder in Frankreich. Dabei hatte Italien durchaus viel unternommen, um Wärmepumpen attraktiver zu machen. Der wichtigste Hebel: der sogenannte „Superbonus 110 %“, der 2020 nach der Pandemie eingeführt wurde, um die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Das Programm ermöglichte es Hausbesitzern, 110 % der Sanierungskosten – inklusive Wärmepumpe – von der Steuer abzusetzen. Das Ergebnis: Ein Boom im Jahr 2022. Aufgrund der angespannten Haushaltslage musste das Förderprogramm aber vorläufig gestoppt werden. Jetzt wird der Einbau von Wärmepumpen durch Steuervorteile (bis 65 % der Gesamtkosten) unterstützt. Hinzu kommen regionale Programme, in Südtirol beispielsweise für Wärmepumpen in Kombination mit Fotovoltaik. Dann gibt es für Privathaushalte bis zu 60 % Förderung auf die zulässigen Kosten. Wohnanlagen mit mindestens fünf Einheiten und fünf Eigentümern profitieren sogar von 80 % Förderung.
Spanien & Portugal – einfach cool, diese Wärmepumpen
Hier zeigt sich besonders gut, wie Wärmepumpen in Kombination mit Solarstrom und cleverem Energiemanagement den Weg in eine klimaneutrale Zukunft ebnen. Denn im sonnigen Süden Europas sind Wärmepumpen nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kühlen gefragt. Gleichzeitig geht der Ausbau von Photovoltaik rasant voran: Allein in Spanien wurde 2023 an über 300 Tagen mehr Solarstrom produziert, als das Land verbrauchte. Hier sollen verstärkt intelligente Batteriespeicher ins Spiel kommen, die den Strom zwischenspeichern, bis er verbraucht wird – ob durch Wärmepumpen oder Elektrofahrzeuge. So kann auf der iberischen Halbinsel ein neuer Standard entstehen: lokal erzeugte, selbst genutzte Energie – klimafreundlich, kostensenkend und netzdienlich zugleich.
Wohin geht die Preisentwicklung bei Wärmepumpen?
Inwieweit sich im internationalen Vergleich die Investitionskosten auf die Absatzzahlen von Wärmepumpen in den Ländern auswirken, lässt sich im Übrigen kaum seriös beziffern. Dafür gibt es – neben der Höhe (in Prozent) und der Art (auf die Gesamtmaßnahme oder z.B. nur auf das Gerät) der individuellen Förderung – zu viele Einflussfaktoren, die in eine Gesamtkalkulation einfließen.
Eine wesentliche Rolle spielen beim Preisvergleich beispielsweise die Kaufkraftparitäten sowie der nominale Wechselkurs, wenn es sich um Vergleichsländern außerhalb der Eurozone handelt, wie Großbritannien. Ein anderer, die Investitionskosten unmittelbar beeinflussender Aspekt sind zudem die verschiedenen Umsatzsteuersätze. Also der Steuersatz, der auf den Herstellerpreis aufgeschlagen wird, wenn ein Produkt an den Endkunden verkauft wird. In Deutschland sind das 19 %, in Dänemark gar 25 %, in Griechenland aber nur 17 % oder auf den Azoren sogar nur 16 %. Und wenn, wie in Großbritannien, Wärmepumpen aufgrund der Förderrichtlinien ganz von der Umsatzsteuer befreit sind – dann entspräche das in Deutschland einer Preissenkung von unmittelbar 19 %!

Der Strom vom eigenen Hausdach in Kombination mit einer Wärmepumpe ist optimal, um energetisch unabhängiger zu werden
Hinzu kommen beim Vergleich der Investitionskosten als wesentlicher weiterer Gesichtspunkt die denkbar unterschiedlichen Installationsgewohnheiten und -vorschriften vor Ort. Dabei geht es nicht allein um die einzuhaltenden Normen und Regelwerke an sich (die in Deutschland zweifellos besonders detailliert ausformuliert sind), wie beispielsweise die Einhaltung von speziellen Regeln zum Schallschutz, die geforderte Dämmung von Rohrleitungen gegen Wärmeverluste oder die Art der Wanddurchführung. Sondern es geht ebenso um weitergehende Vorgaben wie zum Beispiel die Installation eines neuen Elektroanschlusses, wenn eine alte fossile Heizung durch eine Wärmepumpe ersetzt wird.
Eine weitere Rolle spielen neben den erhöhten technischen Anforderungen sowie der aufwändigeren Installation einer Wärmepumpe in Deutschland zudem die auch dadurch deutlich höheren Handwerkerkosten. Verkürzt: Wenn beispielsweise in Großbritannien eine Luft/Wasser-Wärmepumpe ohne Betonfundament aufgestellt und nahezu ungedämmt an den Verteiler oder Speicher im Haus angeschlossen werden darf, ist das binnen eines Tages zu bewerkstelligen. Werden hingegen – wie hierzulande typisch – ein Betonfundament sowie eine Kernbohrung mit gasdichter Wanddurchführung nötig, und im Heizungskeller selbst muss neben der Regelung und der Inneneinheit vielleicht noch ein Pufferspeicher (möglichst mit zusätzlichem Heizstab und PV-Anschluss) installiert werden – dann ist ein Handwerkerteam schnell zwei, drei oder noch mehr Tage beschäftigt. Was im Umkehrschluss wiederum die höheren Gesamtkosten erklärt, wenn über Preisunterschiede in Europa über vermeintlich ein und denselben Heizungstausch diskutiert wird …
Der Anlagenpreis macht im Vergleich nur einen vergleichsweise geringen Teil der Investitionskosten für eine Wärmepumpe aus. Dennoch arbeiten wir kontinuierlich daran, die Einbauzeit durch anlagentechnische Verbesserungen weiter zu verkürzen. In den vergangenen zwei bis drei Jahren konnte dadurch bereits eine Reduzierung des Installationsaufwandes um etwa ein Drittel erreicht werden!
Tillmann von Schroeter, Geschäftsführer Vaillant Deutschland (im Interview mit Martin Voßwinkel, Haustechnik Voßwinkel GmbH)
Deutschland – jetzt am besten noch hohe Förderung sichern
In Deutschland ist die Installation von Wärmepumpen im Neubau ganz klar gesetzt: In mehr als zwei Drittel (69,4 %) der rund 76.100 neuen Wohnhäuser wurden 2024 Wärmepumpen installiert. Das sind rund 5 % mehr als 2023, gegenüber 2014 (31,8 %) hat sich der Anteil sogar mehr als verdoppelt (Quelle: Statistische Bundesamt; Destatis). Und jetzt nimmt die Entwicklung noch mehr Fahrt auf: In den ersten zehn Monaten des Jahres 2025 wurde über 250.000 Anlagen verkauft. Das ist ein prognostizierter Zuwachs für das Gesamtjahr von etwa 47 % (Quelle: BDH).
Wer seine alte Öl- oder Gasheizung ebenfalls gegen eine zukunftsfähige Wärmepumpe tauschen möchte, kann derzeit noch bis zu 70 % Förderung erhalten. Denn trotz es Regierungswechsels sind die Fördermittel aktuell noch im Bundeshaushalt enthalten. Und die im Koalitionsvertrag getroffenen Aussagen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) und zur Heizungsförderung (BEG EM) lassen derzeit keine klare Interpretation zu. Deshalb gilt: Lieber heute Förderung beantragen als morgen. Ausführliche Infos dazu findet Ihr hier.
Günstiger Strom elektrifiziert den Absatz von Wärmepumpen
Wusstet Ihr, dass günstiger Strom der beste Wärmepumpen-Verkäufer ist? Das zeigen aktuelle Daten der ehpa: Immer dann, wenn die Strompreise niedrig und die Gaspreise hoch sind, entscheiden sich die Menschen verstärkt für Wärmepumpen. Besonders deutlich wurde das während der Energiekrise 2022: Als Gas plötzlich teurer wurde, schoss der Verkauf von Wärmepumpen auf Rekord-Niveau. Doch der Effekt war nur von kurzer Dauer. Heutet kostet Strom in vielen Teilen Europas allerdings mehr als das 2,5-Fache von Gas, weil das in vielen Ländern immer noch staatlich subventioniert wird. Und das bremst die dringend notwendige Wärmewende aus.
Wer Wärmepumpen will, braucht günstigen, sauberen Strom – und faire Rahmenbedingungen. Ideal ist deswegen die Stromerzeugung durch eine PV-Anlage auf dem eigenen Hausdach. So entlastet man die Umwelt doppelt.
Tillmann von Schroeter, Geschäftsführer Vaillant Deutschland

