Bild einer städtischen Wohnsiedlung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern.
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Fernwärme oder Wärmepumpe? Entscheidend sind die Heizkosten und die Nachhaltigkeit.

 

Um es vorwegzunehmen: Nah- und Fernwärme sind gleichberechtigte Bausteine im Mix einer zukünftigen Wärmeversorgung ohne fossile Brennstoffe. In der öffentlichen Diskussion gibt es jedoch viele Kritikpunkte und offene Fragen zur Fernwärme, die Hausbesitzer und die Wohnungswirtschaft nicht ignorieren sollten. Denn letztlich geht es um eine zukunftsfähige Entscheidung für ein Heizsystem, das langfristig über die Höhe der Heizkosten entscheidet. Hier die wichtigsten Fakten für eine eigene, sachliche Analyse.

Fernwärme – warum forciert, aber umstritten?

230822_0049_ret_k.jpg)(Alt-Text: Eine Baustelle zieht sich rund um einen Wohngebäuderiegel.

Die Festlegung auf Fernwärme als Heiztechnik will gut überlegt sein. Die hohen Investitionskosten der Versorger könnten die Heizkosten weiter in die Höhe treiben – auch, weil es baulich bedingt an Wettbewerb fehlt.

Die Wärmewende im Gebäudebereich zu vollziehen – weg von fossilen Brennstoffen und hin zu regenerativen Energien – ist eine Mammutaufgabe. Vor allem aufgrund der vielen Bestandsobjekte mit hohem Wärmebedarf in Städten. Kommunen müssen gemäß Wärmeplanungsgesetz (WPG) prüfen, ob sie zum Beispiel Fernwärme als Alternative zu dezentralen Heizsystemen wie Wärmepumpen anbieten bieten können.

Das WPG verpflichtet Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern bis Mitte 2026 ihre Wärmeplanung vorzulegen. Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohner müssen dies erst bis Mitte 2028 erledigen. Diese lange Zeitachse ist insofern fatal, als sie bei Hausbesitzern beispielsweise zur Unsicherheit führt, ob und zu welchen Konditionen künftig vor Ort Fernwärme angeboten wird oder welche Heizungslösung die Anforderungen erfüllen wird. Die Folge: Immobilienbesitzer halten sich nach wie vor zurück, jetzt in die Heizungsmodernisierung zu investieren – trotz der sehr guten und hohen Fördermöglichkeiten.

Die generelle künftige Verfügbarkeit von Fernwärme ist aber nicht die einzige Unsicherheit für Verbraucher. Die Monopolkommission sieht in ihrem Hauptgutachten 2024 für die Bundesregierung ein weiteres großes Problem im fehlenden Wettbewerb auf dem Fernwärmemarkt. Denn schließlich können Hauseigentümer den Fernwärmeversorger bei Preissprüngen nicht wechseln, wie dies bei Strom- und Gasversorgern möglich ist. Hintergrund ist die rechtliche Besonderheit, dass Fernwärmeverträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren abgeschlossen werden und derzeit für bis zu fünf Jahre verlängert werden dürfen. Geregelt wird diese lange Laufzeit in der Fernwärme-Verordnung (§ 32 AVBFernwärmeV). Kommt es in dieser Zeit zu hohen Preissteigerungen, sind Hausbesitzer – privat wie Wohnungsbaugesellschaften – also an den Vertrag gebunden, während beispielsweise bei Steigerungen des Strompreises für die Wärmepumpe der Anbieter relativ problemlos gewechselt werden kann.

Aktuell organisiert der Bundesverband der Verbraucherzentrale Sammelklagen gegen Fernwärmeversorger wegen vermutlich rechtswidriger Preissteigerungen. Auch das Bundeskartellamt hat 2023 Verfahren gegen sechs Fernwärmeanbieter eröffnet. Der Verdacht: Die Versorger haben ihre Preissteigerungen mit höheren Beschaffungskosten auf dem Gasmarkt begründet, obwohl sie die Fernwärme überwiegend aus anderen Energieträgern gewinnen. Die Monopolkommission beklagt ebenfalls mangelnde Transparenz in der Preisgestaltung für Fernwärme.

Die Anbieter von Fernwärme wiederum halten nicht nur ihre hohen Beschaffungskosten auf dem Energiemarkt dagegen, sondern darüber hinaus die enormen Investitionskosten. Denn zum einen sollen sie ihre Fernwärmenetze ausbauen und zum anderen bis 2045 vollständig auf die Nutzung Erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme umgestellt haben. Ein Dilemma.

Heizkosten – wie schneidet Fernwärme im Vergleich zur Wärmepumpe ab?

Die größten Investitionen in den Ausbau von Fernwärme, und damit ein wesentlicher Faktor für die Preisentwicklung, liegen also noch in der Zukunft. Doch schon jetzt ist das Heizen mit Fernwärme im Durchschnitt deutlich teurer als beispielsweise das Heizen mit einer Wärmepumpe. In einer Vergleichsrechnung der Monopolkommission auf Basis von Preisen aus April 2024 (Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten, Wohnfläche 500 m², Wärmebedarf 40 MWh, Anschlussleistung 22 kW) schlägt Fernwärme mit 6.124 Euro pro Jahr zu Buche, der Wärmepumpenstrom nur mit 2.888 Euro – also weniger als die Hälfte der Heizkosten. Anzumerken ist dabei sogar noch: Zugrunde gelegt wurden Luft/Wasser-Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 2,8. Dieser Wert beschreibt die Effizienz einer Wärmepumpe und ist hier eher schlecht. Jahresarbeitszahlen zwischen 3 und 3,5 oder teilweise sogar noch darüber sind in der Praxis jedoch die Regel; die Wärmepumpen arbeiten also deutlich effizienter als in der Beispielrechnung angenommen.

Heizkostenvergleich

Heizen mit Fernwärme und Gas ist teurer als mit Wärmepumpe. Im direkten Vergleich betrug der durchschnittliche Energiepreis für Wärmepumpenstrom nur 47 Prozent von Fernwärme. (Hauptgutachten „Wettbewerb 2024“ der Monopolkommission)

Eine Prognose des Heizspiegels 2024 weist im Übrigen ebenfalls Fernwärme als die teuerste und Wärmepumpen als die günstigste Wärmeversorgung aus (Stand 09/2024 für eine 70 m²-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus).

Nachhaltigkeit – wie viel Erneuerbare Energie ist in der Fernwärme?

: Einfamilienhaus mit Lüftungsgittern in der Fassade für eine innenaufgestellte Luftwärmepumpe

In dicht besiedelten Wohngebieten bieten die Umlagen manchmal wenig Platz zum Aufstellen einer günstigen Luftwärmepumpe. Oder es werden Lärmemissionen befürchtet. Luftwärmepumpen können aber auch innen aufgestellt werden und per Ein- und Auslässen in der Fassade die Außenluft als Wärmequelle nutzen.

Die Idee, ein zentrales Wärmenetz aufzubauen und darüber zum Beispiel auch unvermeidbare Abwärme für das Heizen von Häusern zu nutzen, ist sinnvoll und wird bereits praktiziert. Solche Abwärme entsteht beispielsweise in Müllverbrennungsanlagen und bei Industrieprozessen. Doch solche Abwärme reicht in der Regel für die Wärmeversorgung großer Stadtgebiete nicht aus. Zu den Wärmeerzeugern der Fernwärme zählen deshalb auch Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Nach Erhebung des BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (Stand 2023) hat Erdgas daran mit knapp 45 Prozent den größten Anteil, Erneuerbare Energien kommen bislang nur auf knapp 20 Prozent.

Das soll sich jedoch ändern. Laut Wärmeplanungsgesetz haben die Kommunen für ihre bestehenden Fernwärmenetze einen Dekarbonisierungsfahrplan vorzulegen. Bis 2030 müssen 30 Prozent der Wärme aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme stammen, 2040 sollen es schon 80 Prozent sein, und 2045 ist die Klimaneutralität gefordert. Das begründet zum einen die hohen Investitionskosten der Versorger. Zum anderen besteht derzeit selbst bei bestehenden Fernwärmenetzen die Unsicherheit, ob dieser Umstieg auf Erneuerbare Energien gelingt – und damit als ressourcenschonende Alternative für die Verbraucher langfristig zur Verfügung steht.

Nachhaltigkeitsvergleich

Fernwärme kommt nur zu etwa 20 Prozent aus nachhaltigen Quellen. Bis 2030 sollen es 30 Prozent sein. Zum Vergleich: Eine Wärmepumpe erzeugt aus einem Anteil Strom etwa 3 bis 4 Anteile Wärme, ist also jetzt schon zu großen Teilen klimaneutral – und mit „grünem Strom“ sogar vollständig.

Fazit: Die kritische, öffentliche Diskussion um die Preisgestaltung und Zukunft von Fernwärme ist im Sinne der Verbraucher berechtigt. In puncto Nachhaltigkeit und Heizkosten sind Wärmepumpen heute schon eine zukunftssichere Investition – auch in Mehrfamilienhäusern. Denn inzwischen sind Wärmepumpensysteme auf dem Markt, die beispielsweise über Kaskaden größere Bestandsgebäude nachhaltig und effizient beheizen können. Auch für Einfamilienhäuser in Ballungsgebieten mit wenig Außenfläche gibt es entsprechende Lösungen wie zum Beispiel innenaufgestellte Luft/Wasser-Wärmepumpen oder Erdwärmepumpen.

Was sind Eure aktuellen Erfahrungen mit Fernwärme? Gebt diese gerne über die Kommentarfunktion an die Leser weiter, die Fernwärme als Option in Betracht ziehen.

Lese-Tipp: Was ist, wenn eine Wärmepumpe installiert ist und später die Kommunale Wärmeplanung das Wohngebiet für Fernwärme ausweist – gibt es trotzdem einen Anschlusszwang für Fernwärme? Ein interessantes Rechtsgutachten könnt Ihr dazu in dem Blogbeitrag Wärmepumpe „sticht“ Fernwärme lesen.

 

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Ein Kommentar

S

He Vaillant,
warum bringt ihr eure Wärmepumpen nicht einfach dazu auch auf das PVSignal der in euren Marketing ausgeschlachteten PV Ready Anbindung wirklich mal zu reagieren und nicht erst bei ein “Anforderung” zu starten. Super wäre auch wenn ein Takt endlich mal länger wie 120 Minuten laufen dürfte und ein wirklich langes Lebensdauer der WP zu gewährleisten. Und ein echten Ressourcenschoner wäre wenn ein Softwareupdate nicht anhand eines kompletten Platinentausches, sonder wie der Name sagt einfach Soft durch ein Update passieren könnte.
Als Info
https://www.haustechnikdialog.de/Forum/t/260734/Vaillant-Arotherm-Problem-Energieintegral-?page=3
..und folgende

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