Der appsolute Selbstversuch: Durch den Tag mit digitalen Freunden
Im Playstore von Digital-Platzhirsch Google tummeln sich aktuell rund 2,5 Millionen Apps. Doch wie viele der virtuellen Helfer bringen mich im Alltag weiter? Im Selbstversuch teste ich einen Tag lang, ob mir mein Smartphone das Leben wirklich leichter macht – oder mich alternativ in den Wahnsinn treibt.
6 Uhr: Zum Wachwerden kurz am Becken stehen
Remscheid , Montag früh. Aufstehen, die Arbeit ruft. Mein digitaler Wecker klingelt pünktlich. Bisher habe ich mich dem Drei-mal-Zehn-Minuten-Snooze hingegeben – mein Weg heraus aus dem organisierten Selbstbetrug nennt sich „Alarmy“. Die App wird ihrer Zuschreibung als weltweit nervigste Alarm App gerecht: Zur Deaktivierung muss ich ein Foto eines Ortes schießen, der sich überall, nur nicht in der Nähe meines warmen Bettes befindet. Tags zuvor habe ich das Badezimmer auserkoren. Ich steige leicht entnervt aus den Federn, wanke zum Waschbecken – und bin tatsächlich wach.
6:15 Uhr: Kroko und der Zahnputzplan
Ich frage Google Now per Spracheingabe nach dem Wetter. „Es wird Regenschauer geben bei vier Grad.“ Na toll. Egal, ich dusche heiß und öffne meine Zahnputz-App „Chomper Chums“. Ein schlaksiges Krokodil, ein pinkes Pferd und ein blauer Löwe begrüßen mich – die App ist offensichtlich kindgerecht gestaltet. Mich stört das nicht. Der Timer zählt von 120 Sekunden auf null, eine Grafik zeigt mir, welche Zahnpartie ich jetzt gerade optimaler Weise schrubben sollte. Ich bin gewillt, meinen baldigen Zahnarzttermin aus guten Gründen abzusagen.
7 Uhr: Zugfahrt digitale
Bewaffnet mit dem Regenschirm betrete ich die graue Außenwelt. Kommt der Zug dieses Mal pünktlich? Der „DB Navigator“ liefert Antworten: +15 Minuten – ein wärmender Kakao ist also noch drin! Im Zug liefert mir „Spotify“ meine neue personalisierte Playlist. Das klappt perfekt, entspannt gebe ich mich der Melancholie des Aus-dem-Fenster-Schauens hin. Kurz vor Remscheid markiere ich mit der Newsreader-App „Pocket“ einen Artikel über Virtual Reality mit „Später lesen“. Insgeheim weiß ich: Ich werde ihn nicht weiterlesen, verspüre aber ein überlegenes Gefühl, es trotzdem tun können.
7:20 Uhr: Der Spätzle-Jodler
Beim Weg zur Arbeit zaubert mir „Jodel“ ein Lächeln aufs Gesicht. Mit dem Programm kann ich an andere „Jodler“ in der Nähe anonym alles posten, was mir gerade durch den Kopf geht. „Putencurry oder Käsespätzle??? Hilfe!!!“, fragt jemand. Mir schmeckt ja beides, die Jodelgemeinde kürt am Ende die Käsespätzle zum Sieger – guten Appetit, unbekannter Autor!
7:45 Uhr: Die Stadtdschungel-Prüfung
Im Büro starte ich die App „Evernote“, in der ich am Vortag Notizen für meinen Kundentermin hinterlegt habe. Gedanken orts- und geräteunabhängig zu notieren, das vereinfacht meinen Arbeitsalltag tatsächlich. Zwei Stunden später rüttelt mich der Vibrationsalarm auf: Der Termin! Doch wo bitte ist die Klausener Straße 43? Die sympathische Frauenstimme von „Google Maps“ lotst mich durch den Stadtverkehr. Im Anschluss mache ich mich via Zug auf den Heimweg. Mir ist nach Klamauk zumute. Die App „PodcastAddict“ stillt meine Sucht nach dem wahnwitzigen Podcast-UFO.
18 Uhr: Nudelfreuden aus dem Smartphone
Gut gelaunt fällt mir ein, dass sich ein paar Freunde zum gemeinsamen Koch-Abend angekündigt haben. Das „Rezepte Kochbuch zum Kochen“ (wofür auch sonst?) ist mein Commis de Cuisine: Ich wähle das Rezept des Tages – Tagliatelle mit Garnelen – und gehe einkaufen. Der Abend selbst läuft wunderbar, ein Selfie mit allen Beteiligten dokumentiert unsere Freude – die Garnelen scheinen beinahe mitzulächeln. Für den visuellen Kick verwandelt „Prisma“ den Schnappschuss in eine Art impressionistisches Gemälde – wow!
22 Uhr: Mit Remote-Touch in die Nacht
Im Bett gönne ich mir noch eine Folge meiner Lieblingsserie, gespiegelt auf meinen Fernseher. Ich möchte kurz stoppen, doch Maus und Tastatur sind nicht in Reichweite. Ein Glück, dass es „Unified Remote“ gibt: Über das gemeinsame WLAN-Netzwerk kann ich den PC direkt über das Smartphone steuern – ein echter Komfortfaktor! Zwei Gähner später stehe ich bereits mit halben Fuß im Traumland. Und auch, wenn ich auf jede der heute genutzten Apps bestimmt verzichten könnte, ist mein letzter Gedanke: Ich könnte mich an die digitalen Annehmlichkeiten gewöhnen.