Schwimmende Solaranlagen – das Potenzial von Photovoltaik und Wasserkraft
Sowohl Photovoltaik als auch Wasserkraft sind wichtige Technologien für die Energiewende – in Kombination entfalten sie ein riesiges Potenzial. Wir erklären, wie das Zusammenspiel funktioniert, was es mit Solaranlagen auf dem Wasser auf sich hat und welche Möglichkeiten sich zusammen mit Wasserkraftwerken für die Stromerzeugung ergeben.
Floating PV, Floatovoltaics oder Schwimmende Photovoltaikanlagen: So werden Solaranlagen genannt, die auf Schwimmkörpern montiert auf dem Wasser treiben. Das Konzept gibt es bereits seit mehreren Jahren und bringt einige Vorteile mit sich.
1. Clevere Flächennutzung: Photovoltaikanlagen brauchen viel Platz und dieser ist in vielen Regionen Mangelware. Zudem stehen Freiflächen, die für die Installation von Solarmodulen in Frage kommen, in Konkurrenz mit anderen Nutzungsmöglichkeiten – zum Beispiel landwirtschaftlicher Bebauung. Die Nutzung von Wasserflächen ist daher eine praktische Alternative.
2. Günstige Wartung: Zwar ist die Errichtung einer Solaranlage auf dem Wasser etwas aufwendiger und teurer als an Land, dafür ist die Wartung deutlich einfacher und günstiger. Denn die Solarzellen auf dem Wasser verstauben und verschmutzen weniger schnell.
3. Effizienterer Betrieb: Das Wasser kühlt die Solarzellen, wodurch diese effizienter arbeiten und im Vergleich zu warmen Solarzellen mehr Strom liefern können.
4. Weniger Wasserverdunstung & geringere Algenbelastung: Die Photovoltaikmodule verschatten einen Teil des Sees, wodurch weniger Wasser verdunstet. Ebenso verringern sie dadurch die Photosynthese der Wasserpflanzen, was das Wachstum von Algen hemmt.
Schwimmende Solaranlagen sind aber auch immer ein Eingriff in das Ökosystem. Indem weniger Licht auf den Seegrund trifft, können Pflanzen schlechter wachsen und der Sauerstoffgehalt oder die Temperatur im See verändern sich. Das kann sich auch auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirken. Außerdem beeinträchtigen die Solarmodule den Freizeitwert der Seen – Touristen, Wassersportler oder Angler haben weniger Platz auf dem Wasser. Daher bieten sich insbesondere Wasserflächen für die Installation von Solarmodulen an, bei denen weder das Ökosystem gefährdet noch Erholungsmöglichkeiten gestört werden.
Schwimmende Solaranlagen in der Praxis
In Deutschland gibt es seit 2020 beispielsweise im bayerischen Dettelbach auf einem Baggersee ein schwimmendes Solarkraftwerk. Die Anlage hat in etwa die Größe eines Fußballfeldes und nimmt dennoch lediglich zwei Prozent der gesamten Fläche des Baggersees ein. Mit dem gewonnenen Solarstrom wird ein angrenzendes Betonwerk versorgt. Nach Herstellerangaben sollen die Photovoltaik-Module jährlich rund 700.000 Kilowattstunden (kWh) liefern und dadurch rund 280 Tonnen CO2 eingespart werden. Auch auf einem Baggersee in Weeze in Nordrhein-Westfalen schwimmt eine Solaranlage, die unter der Woche ein Kieswerk mit Strom versorgt. Am Wochenende wird der Strom in das Netz der Stadt eingespeist – und versorgt damit rund 155 Haushalte.
Eine positive Bilanz konnte bislang auch die 2019 errichtete Solaranlage auf dem Maiwaldsee im Baden-Württembergischen Renchen ziehen. Das Solarkraftwerk trotzte strapazierenden Wetterbedingungen wie dem Hitzesommer 2019 und dem besonders stürmischen Februar 2020 und erzeugte bereits im ersten Jahr mit 860.000 Kilowattstunden (kWh) knapp sieben Prozent mehr Strom als erwartet. Insgesamt sanken die Stromkosten um zehn Prozent und die CO2-Emissionen um 560 Tonnen.
Solarenergie und Wasserkraft als Symbiose
Relativ neu ist die Idee, schwimmende Solaranlagen mit Wasserkraftwerken zu kombinieren. Das heißt, die Solarmodule werden nicht auf irgendwelchen beliebigen Wasserflächen, sondern speziell auf Stauseen installiert. Laut einer Studie des Labors für erneuerbare Energien (NREL) in Golden, Colorado, könnte man mithilfe von Floatovoltaics auf Stauseen jährlich bis zu 10.600 Terawattstunden (TWh) Strom produzieren. Das entspricht knapp der Hälfte des jährlichen Stromverbrauchs weltweit. Zum Vergleich: 2020 lag der globale Stromverbrauch bei rund 23.000 Terrawattstunden. Das zeigt, welches Potenzial in der Symbiose aus den beiden Technologien steckt. Zudem reduzieren sich die Investitionskosten für die schwimmende Solaranlage, da die notwendige Netzinfrastruktur durch das Wasserkraftwerk bereits existiert. Die Solaranlage kann daran angeschlossen werden und so den erzeugten Strom direkt ins Netz einspeisen.
Die beiden Technologien ergänzen sich noch auf andere Weise: Die Solaranlagen erzeugen besonders viel Strom im Sommer, wenn es die meisten Sonnenstunden gibt. In dieser Zeit liefern die Wasserkraftwerke wegen ihres niedrigen Wasserpegels tendenziell den wenigsten Ertrag. Andersherum erreicht das Wasserkraftwerk bei nassem Wetter eine hohe Stromproduktion, während die Solaranlage wenig bis keinen Strom produziert. Gleichzeitig sorgen die schwimmenden Photovoltaikmodule dafür, dass im Sommer weniger Wasser im Stausee verdunstet und tragen so dazu bei, dass das Wasserkraftwerk auch in warmen Zeiten und Regionen mehr Strom erzeugen kann.
Großes Potenzial für die Energiewende
Bislang gibt es nur wenige Projekte, die Solarenergie und Wasserkraft kombinieren. Ein spektakuläres Beispiel befindet sich in der Schweiz, genauer gesagt auf einem Stausee in den Schweizer Alpen auf rund 1.800 Metern Höhe. Der im Jahr 2019 errichtete schwimmende Solarpark produziert bis zu 50 Prozent mehr Strom als eine vergleichbare Anlage im Flachland. Die Gründe: Durch die Kühlung arbeiten die Solarzellen effizienter, es gibt eine höhere UV-Strahlung in der Höhenlage und der Schnee reflektiert Licht, wodurch die PV-Zellen mehr Energie produzieren können. Pro Jahr erzeugt die Anlage über 800.000 Kilowattstunden (kWh) – das entspricht ungefähr dem Strombedarf von 220 Haushalten.
Das erste europäische Pilotprojekt entstand bereits im Jahr 2016 in Portugal. Dort wurden 840 Photovoltaikmodule auf dem Stausee Alto Rabagao installiert. Das Ergebnis: Pro Jahr erzeugt die Anlage rund 300 Megawattstunden (MWh) Strom. Das weltweit bisher größte Hybridprojekt setzt Thailand um. Auf einem Stausee in der nordöstlichen Provinz Ubon Ratchathani entstehen sieben Solarparks mit mehr als 144.000 Solarmodulen.
Die ersten Projekte zeigen, welches Potenzial das Zusammenspiel aus Solarenergie und Wasserkraft für die Energiewende bietet. Um die Möglichkeiten der beiden Technologien weiter zu erschließen, braucht es aber weitere Datenerhebungen. Es muss näher erforscht werden, welche Wasserflächen mit Solarmodulen bebaubar sind und an welchen Standorten eine Anlage wirtschaftlich sinnvoll ist. Sprich: Wo kann überhaupt Strom gebraucht und gleichzeitig auch eingespeist werden? Zudem muss erörtert werden, welche Wasserflächen unter welchen Bedingungen überhaupt bebaut werden dürfen. Manche Stauseen werden zum Beispiel als Bade- und Freizeitseen oder zur Fischzucht genutzt. Daher müssen noch einige offene Fragen zum Einfluss der Floatovoltaics auf das Ökosystem, zur Beeinträchtigung von Erholungsgebieten oder zur langfristigen Instandhaltung der Kraftwerke geklärt werden, um die Solar-Wasserkraft-Kombi auch hierzulande weitervoranzutreiben.