
Strom aus der Pilzbatterie
Eine Batterie, die lebt und sich am Ende selbst abbaut? Was wie Science Fiction klingt, ist ein realer Forschungserfolg der Empa: Die „Eidgenössische Material- und Forschungsanstalt“ hat eine mikrobielle Brennstoffzelle entwickelt, die mithilfe von Pilzen Strom erzeugt – völlig ungiftig und biologisch abbaubar.
Diese von Mikroben erzeugte Batterie ist zum Beispiel dafür geeignet, Sensoren in abgelegenen Regionen für mehrere Tage mit Energie zu versorgen – etwa in der Landwirtschaft oder Umweltforschung.
Wer sagt, Pilze seien keinen Pfifferling wert, der täuscht sich gewaltig: Sie gehören zu den ältesten, vielseitigsten und auch nützlichsten Lebensformen auf der Erde. Pilze entziehen der Atmosphäre riesige Mengen CO2, produzieren lebensrettendes Penicillin oder dienen als Rohstoff für die Herstellung von Bauziegeln. Und jetzt generieren sie auch noch Strom.
Strom durch Stoffwechsel
„Wir haben erstmals zwei Pilzarten zu einer funktionierenden Brennstoffzelle kombiniert“, berichtet Empa-Forscherin Carolina Reyes. Diese Pilzbatterie muss noch nicht einmal mit Strom aufgeladen werden, denn das erledigt sie selbst. Dabei ergänzen sich die beiden Pilzarten perfekt: Auf der Anodenseite befindet sich ein Hefepilz, dessen Stoffwechsel Elektronen freisetzt. Auf der Kathodenseite sitzt die Samtige Tramete, ein Weissfäulepilz. Dieser liefert ein Enzym, mit dessen Hilfe die freigesetzten Elektronen eingefangen und aus der Zelle geleitet werden können.
Gedruckt, gefüttert, kompostiert
Doch wie kommen die Pilze überhaupt in die Batterie? Sie werden nicht gepflanzt, sondern sind bereits in der Tinte enthalten, aus der die Brennstoffzelle im 3D-Druck gefertigt wird. Dieses Verfahren ermöglicht es den Forschenden, die Elektroden so zu gestalten, dass die Mikroorganismen optimal mit Nährstoffen versorgt werden. „Es ist anspruchsvoll genug, ein Material zu finden, in dem die Pilze gut wachsen“, sagt Gustav Nyström, Leiter des Labors Cellulose and Wood Materials. „Die Tinte muss sich dann aber auch noch gut extrudieren lassen, ohne dass die Pilzzellen dabei sterben – und natürlich sollte sie noch elektrisch leitfähig und biologisch abbaubar sein.“ Beim Extrudieren wird die Tinte unter hohem Druck und hoher Temperatur durch eine formgebende Öffnung gepresst – etwas, das keinem lebenden Organismus gefällt.
Cellulose ist Rohstoff und Nährstoff zugleich
Den Schweizer Forschenden ist es gelungen, eine geeignete Tinte auf Cellulose-Basis herzustellen. Der Clou: Die Pilze können die Cellulose auch als Nähstoffquelle nutzen – wodurch sie zum natürlichen Abbau der Batterie beitragen. Am liebsten ernähren sich die Mikroben jedoch von einfachen Zuckermolekülen, die der Batterie beim „Anschalten“ zusätzlich beigemischt werden. „Man kann die Pilzbatterien in einem getrockneten Zustand aufbewahren und am Einsatzort einfach durch die Zugabe von Wasser und Nährstoffen aktivieren“, sagt Reyes.
Wie das Ganze funktioniert, erläutert dieses kurze Video (1:35 min):
Nun wollen Reyes und Nyström die Pilzbatterie leistungsfähiger und langlebiger machen – und weitere Pilzarten suchen, die sich als Stromlieferanten eignen. „Gerade im Bereich der Materialwissenschaft sind Pilze noch zu wenig erforscht und genutzt“, sind sich die beiden einig.
Exkurs: Wie funktioniert 3D-Druck mit Pilzen?
Beim 3D-Druck entstehen dreidimensionale Objekte Schicht für Schicht – vergleichbar mit einer automatisierten Spritzdüse, die Material punktgenau aufträgt. Eingesetzt werden aber keine Farben, sondern pastöse oder flüssige Stoffe, die Schicht für Schicht aushärten: etwa Kunststoff, Beton, Lehm oder – wie bei der Pilzbatterie – eine biobasierte Drucktinte.
Die Druckdaten stammen aus einem digitalen Modell, das dem Drucker exakt vorgibt, wo das Material aufgetragen wird. Der Vorteil: Es lassen sich präzise Formen und Strukturen herstellen – oft ohne Abfall. Im Forschungslabor können so sogar empfindliche Materialien wie lebende Zellen „verdruckt“ werden. Das macht den 3D-Druck zu einer Schlüsseltechnologie für Innovationen wie die nachhaltige Pilzbatterie.