
Mit Zwang zur Fernwärme
Erneuerbare Energien, nachhaltige Wärmepumpen, energieeffiziente und CO2-neutrale Technologien werden im Neubau immer mehr zum geforderten Standard. Dennoch schreiben Kommunen zum Teil die Verwendung von Fernwärme vor. Dem entsprechend verzeichnet die Versorgung mit Fernwärme hohe Zuwachsraten im Neubau. Ob das ökologisch und ökonomisch immer sinnvoll ist, darf bezweifelt werden.
Es klingt zwar wie eine Provinzposse, ist aber tatsächlich Realität: Die freie Wahl eines Heizsystems ist bereits in über 1.000 Gemeinden und Kommunen verboten. Vielmehr wird vorgeschrieben, dass Fernwärme eingesetzt werden muss. Zu den Konditionen und Bedingungen, die der jeweilige Netzbetreiber vorschreibt. Ohne Chance, eine Alternative zu wählen. Das ist in etwa so, als ob Ihnen jemand sagt: „Wenn Sie Auto fahren wollen, dürfen Sie nur einen ganz bestimmten Treibstoff tanken und das auch nur bei unserer Tankstelle. Natürlich zu den von uns festgelegten Preisen. Ansonsten müssen Sie eben laufen.“ Ob das effizient ist oder nicht. Ob der Preis marktgerecht ist oder nicht. Ob der Motor den eigenen Vorstellungen und Wünschen entspricht oder nicht. Unvorstellbar? In der Wärmeversorgung muss dieses Vorgehen nicht selten akzeptiert werden.
Fernwärme lässt sich generell nicht über einen Kamm scheren, die Definition ist äußerst vielfältig: Fernwärme ist laut Wikipedia “die Bezeichnung für eine Wärmelieferung zur Versorgung von Gebäuden mit Heizung und Warmwasser. Der Transport der thermischen Energie erfolgt in einem wärmegedämmten Rohrsystem” von einem Kraftwerk bis zu den eigenen vier Wänden. Das Spektrum der Energieerzeugung reicht dabei von Kohle-Kraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen, die Abwärme noch gewinnbringend verkaufen wollen, bis hin zu modernen und hoch effizienten Wärmenetzen auf der Basis erneuerbarer Energieträger. Letztere wären ja durchaus begrüßenswert, in der Mehrheit sind allerdings die alten Kraftwerke.
Besonders interessant wird es, wenn man sich die Bewertung dieser Technik etwas genauer ansieht und dafür den Primärenergiefaktor verwendet. Hierbei handelt es sich prinzipiell um einen nützlichen Bewertungs-Maßstab, der hilft, unterschiedliche Energieträger miteinander zu vergleichen. Je geringer der Primärenergiefaktor, desto besser sind Klimaverträglichkeit und Effizienz des jeweiligen Energieträgers. Für Braunkohle liegt er beispielsweise bei 1,2, für Erdgas bei 1,1. Wird die Abwärme eines Braunkohle-Kraftwerks jedoch für Fernwärme genutzt, wird der Primärenergiefaktor 0,7 angesetzt, welcher bei der Verbrennung von Braunkohle fragwürdig erscheint. Mit Klimaschutz und Energiewende hat das nicht wirklich etwas zu tun.
Und auch diese Frage muss erlaubt sein: Warum stellt sich die Fernwärme nicht den Bedingungen des freien Wettbewerbs – mit der Möglichkeit für jeden Haushalt, sich eigene Wärmelösungen auszusuchen? Seien es Wärmepumpen, Pelletkessel, Solarthermische Anlagen oder auch effiziente Gas-Brennwertsysteme. Auch bei der Wahl des Energielieferanten herrscht normalerweise fairer Wettbewerb, wie zum Beispiel auf dem Strommarkt. Bauherren sollten dabei im Rahmen der Energieeinsparverordnung möglichst frei in ihren Entscheidungen sein und entsprechend ihren eigenen Wünschen agieren können.
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7 Kommentare
Ich finde Fernwärme im großen Rahmen nicht mehr unbedingt zeitgemäß, wohingegen Nahwärmekonzepte durchaus eine gute Lösung sein können!
Hallo Angelika,
lieben Dank für Deinen Kommentar.
Selbstverständlich können Nahwärmekonzepte gute Lösungen darstellen.
Aus unserer Sicht spielen hier zwei wesentliche Faktoren eine Rolle: Ein solches Konzept sollte auf erneuerbare Energien setzen. Und die Teilnahme daran sollte nicht per Zwang auferlegt werden.
Liebe Grüße,
Dein 21 grad Team
Kaltwärmenetze gestützt durch Solarthermie in Verbindung mit Wärmepumpen können hocheffizient den Umstieg zu den EE ermöglichen. Dazu braucht es aber auch Saisonalspeicher. Anschlusszwang sehe ich kritisch. Solche Systeme müssen durch Wirtschaftlichkeit und Ökologie überzeugen.
Neubaugebiet
Neubau 2023 mit Fernwärme betrieben mit 65% Biogas und 35% Erdgas.
Haus KFW40plus
Monatliche Abschläge bei den Stadtwerken von 500€ nur für die Wärme.
1000€ Grundpreis pro Jahr + 25 Cent /kWh.
und keine Chance etwas zu machen. Absolute Monopolstellung mit Benutzungszwang.
Wo ist hier die Transparenz, Wirtschaftlichkeit und vor allem die Zukunftssicherheit?
Fernwärme ist der Horror für unsere Familie. Nach 10 Jahren versuche ich aus dem Vertrag auszusteigen. 4000 € pro Jahr für 8000 kWh Wärme. Die Stadtwerke haben extra eine junge Anwältin angestellt, damit wir und unsere Nachbarn eingeschüchtert werden. Es gibt Ältere, die überlegen das Haus zu verkaufen. Ich werde kämpfen, meine Kinder sind noch klein. Mir graut es vor der kommunalen Wärmeplanung. Da machen die Politiker den Weg frei für die ewige Abzocke der Stadtwerke, wo sie selbst im Aufsichtsrat sitzen.
Hallo,
wir hängen seit 18 Jahren mit von unserer Stadt per Satzung verhängtem Benutzungszwang an einem Fernwärmenetz.
Nun möchten wir auf eine Wärmepumpe und eigene Photovoltaik umsteigen, werden aber nicht aus dem Zwang entlassen.
Die Stadtwerke können ihren Preis für die Fernwärme quasi frei bestimmen. Bei uns liegen die Preise im NRW Vergleich in den Top 5 %.
Die Lokalpolitik habe ich schon angefragt, werde mir nun eine Rechtsberatung der Verbraucherzentrale buchen.
Auch wir werden gegen diese unfassbare Abzocke kämpfen.
Fernwärme mag ein tolles Konzept sein – aber bitte nicht mit Erdgas und Monopolpreisen.
Ein Preisvergleich (12 MWh /Jahr für Heizung und Warmwasser):
Fernwärme: 3.200€/Jahr
WP: 1.200€/Jahr (ohne PV, die macht das ganze noch wesentlich (!) rentabler)
Amortisiert nach ca. 7 Jahren
Leider hat unsere konservative Lokalpolitik etwas dagegen. ?
Allen Mitstreitern wünsche ich Glück und Erfolg!
Fernwärme war schon immer eine Technik mit hohen Energie-Verlusten. Bei Nahwärme sieht das anders aus und kann in speziellen Fällen sinnvoll sein, aber auch nur dann wenn man die Wärme CO² neutral produzieren kann oder Abwärme nutzen kann.
Die Transport-Verluste bleiben allerdings und technische Infrastruktur ist sehr aufwendig und teuer.
Es gibt somit wenig Argumente warum kleine dezentrale Wärmepumpe ( im jeweiligen Gebäude) schlechter und kostspieliger seinen solle.
Den Abschluss und Benutzungszwang sehr ich allerdings hochgradig kritisch und zu dem nicht rechtskonform mit europäischen Recht da er im Fall von Fernwärme immer einhergeht mit Gebührenzwang der dem Abnehmer keinerlei Chance lässt frei zu entscheiden.
Sollte Zwänge gibt eigentlich nur im Bereich der Entsorgung und da macht das auch Sinn. Es wohl einleuchtend das der Bürger z.B. nicht frei entscheiden kann was er mit seinem Abwasser macht und für solche Fälle ist der Anschluss und Benutzungszwang gedacht. Aber nicht um Energie -Monopolisten einen Absatzmarkt zu garantieren bei dem sie den Preis frei bestimmen.