LNG-Terminals: Die schnelle Lösung für mehr Gassicherheit?
Kaum ein Thema wird in Deutschland derzeit so heiß diskutiert wie die Energieversorgung in den kommenden kalten Monaten. Denn insbesondere Gas könnte schon bald knapp werden. Schnelle Hilfe sollen sogenannte LNG-Terminals bringen. Doch was genau ist LNG eigentlich und wie sollen die Terminals die Energieversorgung von Industrie und Privathaushalten schon im nächsten Winter sicherstellen?
Dass der Zeitpunkt reif ist für eine Energiewende, ist nicht mehr wegzudiskutieren. Die weltpolitische Situation erfordert allerdings nicht nur, dass wir beim Thema Energie umdenken, sondern auch, dass wir das schnell tun. Insbesondere die Gasversorgung bereitet den Verantwortlichen derzeit Kopfzerbrechen. Denn viele Jahre haben wir unser Gas über eine Pipeline zu einem Großteil aus Russland bezogen. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den damit verbundenen großen Spannungen mit Russland plant die Bundesregierung, die Energieversorgung breiter aufzustellen, um zukünftig Abhängigkeiten zu vermeiden.
Langfristige Änderungen, wie die Umstellung auf erneuerbare Energien, benötigen allerdings Zeit. Mit Hochdruck arbeiten die Verantwortlichen deshalb derzeit an Lösungen, die sich auf die kommenden Monate konzentrieren. Ein vielversprechender Ansatz: die Errichtung sogenannter – zunächst schwimmender – LNG-Terminals.
LNG: Wenn Erdgas flüssig wird
LNG steht für die englische Bezeichnung »Liquified Natural Gas« – zu deutsch: verflüssigtes Erdgas. Wir benötigen LNG vor allem zur Produktion von Strom und als Kraftstoff, aber auch für die Metallerzeugung sind wir auf die Ressource angewiesen. Um LNG herzustellen, wird Erdgas auf eine Temperatur von etwa minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt. Das führt dazu, dass sich das Volumen um das bis zu Sechshundertfache verringert. Dabei ändert es außerdem seinen Zustand von gasförmig zu flüssig.
Daraus ergeben sich zwei wichtige Vorteile: Erdgas in Flüssigform lässt sich erstens besser transportieren und zweitens besser aufbewahren. So kann LNG in großen Mengen – etwa mit Schiffen – über weite Distanzen nach Deutschland befördert werden. Der Knackpunkt: Am Zielort muss es in sogenannten Flüssigerdgas-Terminals gelagert werden. Bisher gibt es davon 37 Stück in Europa, allerdings befindet sich keines davon in Deutschland. Auch für die sogenannte Regasifizierung – also die Rückumwandlung in Gas – werden die speziellen LNG-Behälter benötigt.
FSRU: Die schwimmende Lösung für eine schnelle Umsetzung
Bis ein LNG-Terminal ans Netz gehen kann, vergehen normalerweise vier bis fünf Jahre. Auch wenn das Verfahren beschleunigt werden soll, ist das für eine kurzfristige Lösung zu lange. Die Bundesregierung plant deshalb für den Übergang sogenannte »Floating Storage and Regasification Units« (FSRU) einzusetzen. Sie hat die Unternehmen Uniper und RWE mit der Umsetzung beauftragt.
FSRU sind Spezial-Schiffe, die die technischen Anforderungen an LNG-Terminals erfüllen und vergleichsweise schnell in Betrieb genommen werden können. Der Startschuss für die Errichtung des ersten schwimmenden Terminals durch Uniper in Wilhelmshaven ist Anfang Mai 2022 gefallen. Die Fertigstellung ist bereits für den kommenden Dezember geplant. Bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Gas sollen hier zukünftig gelagert, umgewandelt und ins Netz eingespeist werden – und zwar pro Jahr. Etwas weniger als zehn Prozent des deutschen Erdgasbedarfs sollen allein mit dieser Station gedeckt werden. Ein weiteres schwimmendes LNG-Terminal soll zum Jahreswechsel 2022/2023 in Brunsbüttel den Betrieb aufnehmen.
Sind wir mit LNG auf dem richtigen Weg?
Der entscheidende Vorteil der LNG-Pläne ist, dass sie sich im Gegensatz zu anderen Lösungen schnell realisieren lassen. So kann Deutschland sich schon bald unabhängiger von ausländischen Gaslieferungen machen. Zudem ist LNG ungiftig, nicht brennbar und unschädlich für das Erdreich, sollte es versehentlich damit in Kontakt kommen. Doch wie so oft gilt: kein Licht ohne Schatten. Bei der Produktion von LNG entsteht Methan, das bis zu 25-mal schädlicher fürs Klima ist als Kohlendioxid. Kritiker fordern deshalb, so schnell wie möglich den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Zudem werden Stimmen laut, die davor warnen, die Hoffnung allein auf LNG zu setzen. Denn es fehle an Transportschiffen, um die nötigen Mengen nach Deutschland zu schaffen.
Fazit
Deutschland strebt zeitnah mehr Unabhängigkeit bei der Energieversorgung an. Vor dem Hintergrund der derzeitigen weltpolitischen Lage muss die Bundesregierung die Versorgung insbesondere mit Gas für Industrie und Privathaushalte über den kommenden Winter sicherstellen. (Schwimmende) LNG-Terminals könnten in der derzeitigen Situation eine Lösung sein. Denn sie sind schneller einsetzbar als alle anderen Lösungen. Kritiker fordern jedoch, den Ausbau erneuerbarer Energien nicht aus dem Blick zu verlieren. Sich auf der vermeintlich bequemen LNG-Lösung auszuruhen, könnte dem Klima auf Dauer stark zusetzen.