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Nachhaltige Lieferketten – Orientierungshilfen im Alltag

 

Nachhaltigkeit in der Lieferkette ist ein heiß diskutiertes Thema. Dies zeigte unlängst der Vorstoß des deutschen Arbeitsministers Hubertus Heil, der einen Gesetzesentwurf ankündigte, um Unternehmen zur Einhaltung sozialer Standards in internationalen Lieferketten zu verpflichten. Doch abseits von Herstellern, Produzenten und Politik können auch die Verbraucher etwas tun. Denn wer nachhaltig konsumiert, fördert und fordert die nachhaltige Produktion.

Wenn ein T-Shirt im Laden zum Verkauf bereitliegt, hat es bereits 70 Prozent seiner gesamten Wertschöpfungskette hinter sich. Der Großteil der Schritte erfolgt meist außerhalb des eigentlichen Verkaufslands „irgendwo in Asien“ – darunter zählen Rohstofferzeugung, Produktion von Garnen, Produktion von Webstoffen, verschiedene Veredelungsschritte, Konfektionierung der Kleidung sowie der Versand und Export. Lediglich Handel, Konsum und die Entsorgung fallen beim Beispiel T-Shirt als Teil der Wertschöpfungskette entsprechend im Verkaufsland an.

Lieferketten – also die Wege, die Produkte hinter sich bringen, vom ersten Zulieferer, bis hin in unseren Einkaufskorb – sind eine komplexe Angelegenheit: Produzenten, Verarbeiter und Hersteller haben sich über Jahre hinweg, zu einem großen Ganzen verflechtet, was es schwierig bis unmöglich macht, alle Schritte transparent nachzuverfolgen. Doch Forderungen nach nachverfolgbaren und vor allem nachhaltigen Lieferketten sind in den vergangenen Jahren immer lauter geworden.

Was macht eine Lieferkette nachhaltig?

Die Vereinten Nationen haben hierzu eine klare Definition, die besagt, dass alle ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen eines Produkts von Anfang bis Ende seines Daseins durchschaubar und vertretbar sein müssen.  Vereinfacht ausgedrückt: Für den Anbau unseres Lieblingskaffees soll kein Regenwald gerodet werden, unser T-Shirt darf nicht von Kinderhänden genäht oder mit Giftstoffen versetzt sein und die Entsorgung unserer Altgeräte darf nicht zu Lasten unserer Umwelt geschehen. Nachhaltige Lieferkette bedeutet also, unter Einhaltung von Menschenrechten und Regeln zum Umweltschutz zu arbeiten und einen langfristigen, wirtschaftlichen Nutzen für alle beteiligten Parteien zu schaffen.

Das Gute: Unternehmen sind durch gesetzliche Regelungen zunehmend verpflichtet, Auskunft über ihre Lieferketten zu erteilen. Aber auch der Rest der Gesellschaft, die Konsumenten, stehen in der Pflicht: Wer nachhaltige Lieferketten will, muss auch nachhaltiger konsumieren.

Orientierungshilfen für Konsumenten

Doch wo anfangen? Experten beraten Unternehmen. Und wer unterstützt den Konsumenten bei der Entscheidung? Die müssen sich selbst informieren und die gefundenen Informationen zusätzlich selbst hinterfragen.

Eine Orientierung bieten Siegel, Zertifikate und Gütezeichen, die den Verbrauchern aufzeigen sollen, dass das Produkt spezifische Nachhaltigkeitsstandards erfüllt. Mittlerweile gibt es Nachhaltigkeitsstandards für eine Vielzahl von Produkten. Darunter fallen landwirtschaftliche Erzeugnisse, Holz- und Papierprodukte, Textilien, elektronische Geräte, Kosmetika und Waschmittel. Berechtigt solche Zertifikate zu vergeben, sind verschiedene Instanzen, wie:

Entsprechend groß und divers ist die Auswahl an Siegeln und Gütezeichen am internationalen Markt.

Im Dschungel der Siegel, Zertifikate und Gütezeichen

Ein Großteil der Siegel lässt sich in zwei Gruppen unterteilen:

  • Nachhaltigkeitssiegel:
    Diese Siegel legen den Schwerpunkt auf ökonomische und ökologische Verbesserungen des Anbaus, die Verarbeitung und den Handel von Nahrungsmitteln. Die Kontrolle sozialer Faktoren, wie die Einhaltung der Menschenrechte, die Einhaltung von Mindestlöhnen oder ähnliches, bleibt damit außen vor. Zu diesen Siegeln zählen zum Beispiel Rainforest Alliance oder UTZ.
  • Fairer Handel:
    Ziel der Siegel mit Schwerpunkt „Fairer Handel“ ist es, gerechtere Handelsstrukturen zu sichern, von denen Produzenten und Arbeiter profitieren. So beispielsweise das Fairtrade-Siegel oder Gepa-fair+.
    Je nachdem, ob nur ein Teil des Sortiments oder das gesamte Handeln des Unternehmens Fair-Trade-Standards erfüllt, spricht man von Produktzertifizierung beziehungsweise integrierter Lieferkette. So kann es passieren, dass Produkte ein Siegel erhalten, obwohl lediglich einzelne Produktionsstufen oder Inhaltsstoffe zertifiziert sind.

Eine Übersicht und Hilfe beim Einordnen der Siegel bietet die Seite https://www.siegelklarheit.de/ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Hier können sich Verbraucher informieren, welche Standards hinter den Siegeln stehen und in vielen Fällen eine Bewertung zur Aussagekraft des Zertifikats einsehen.

Wer ohne Bedenken und ohne Siegelkontrolle bewusst und vor allem nachhaltig einkaufen möchte, dem helfen Online-Shops wie der Avocadostore, Naturalou, Memolife und Grüne Erde. Sie bieten nachhaltigen Marken eine Plattform, um ihre zertifizierten Produkte zu vertreiben.

Umsetzung nachhaltiger Lieferketten in der Praxis

Ein Beispiel für eine Marke mit nachhaltiger Lieferkette ist Weleda, wie die 2019 von den Beratungsunternehmen Systain Consulting GmbH und adelphi consult GmbH veröffentlichte Studie „Nachhaltige Lieferketten in der Praxis“ aufführt. Der Hersteller von Bio- und Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln verarbeitet für seine Produkte mehr als 1.000 Rohstoffe. Die Anforderungen an die Lieferanten: der Anbau muss biologisch sein und den ethischen Standards der „Union for Ethical BioTrade“ entsprechen. Qualität und Lieferkette überprüft Weleda durch den Einsatz von Fragebögen an Lieferanten und Vorlieferanten, sodass das Unternehmen die vollständigen Angaben bis zum Rohstoffursprung kennt. Gleichzeitig setzt Weleda auf langfristige Verträge und Abnahmegarantien, um Planungssicherheit für alle Akteure der Wertschöpfungskette zu garantieren, auch Kleinbauern und Kooperativen. Für letztere bietet Weleda finanzielle Unterstützung durch Anschubfinanzierung und Beratungsangebote. Das Unternehmen setzt also auf partnerschaftliche Allianz und Transparenz, auch immer mit dem Wissen, dass Nachhaltigkeit kein Ziel, sondern eine dauerhafte Aufgabe ist.

Am Ende der Wertschöpfungskette

Ob Recycling, Upcycling oder Weiterverkauf – der letzte Schritt in der Lieferkette betrifft die Entsorgung. Die deutsche Gesetzgebung sieht in Sachen Verpackungsmüll zum Beispiel durch das Verpackungsgesetz eine einfache und klare Reihenfolge vor: Vermeiden, verringern, dann wiederverwenden und recyceln. Ressourcen werden also vor allem durch geordnete Trennung von Verpackungen und Wiedergewinnung von Rohstoffen geschont; der Weiterverkauf und die Wiederverwendung – Stichwort „Second-Hand“ – kann aber genauso gewinnbringend für den Nachhaltigkeitsfaktor der Wertschöpfungskette sein. Indem Produkte in den Kreislauf zurückgeführt werden, lassen sich nicht nur Rohstoffe, sondern auch ganze Produktions- und Distributionsschritte sparen.

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