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Auszeit auf der Alp: Kommt man oben runter?

 

Raus aus dem Beruf, rauf auf den Berg – eine Vorstellung, mit der viele Großstadtflüchtlinge Ruhe, Romantik und Runterkommen verbinden. Doch wie sieht das Leben auf der Alp tatsächlich aus? Kehren die Aussteiger auf Zeit verändert in den Alltag zurück? Die in Brüssel lebende Verena Schneider hat es ausprobiert – und uns von ihren Erfahrungen in den Schweizer Alpen berichtet.

Das Turtmanntal im Oberwallis liegt auf über 2.000 Metern Höhe. Da es steil abfällt, ist es nur im Sommer bewohnt: Von Wanderern, die ohne Steigeisen und Seil auf das über 3.500 Meter hohen Barrhorn möchten. Und von Hirten und Sennern, die mit ihren Kühen und Rindern von Stafel zu Stafel ziehen. Diese kleinen Häusergruppen befinden sich auf unterschiedlichen Höhen im ganzen Tal verstreut.

Menschenleere statt Millionenstadt

alm_titelbild-2Zuletzt zählte auch die 27-jährige Verena Schneider zu den Bewohnern des Turtmanntals: Gemeinsam mit einem Freund arbeitete sie dreieinhalb Monate auf der Alp; insgesamt waren sie zu dritt. Ein extremer Gegensatz zur Millionenstadt Brüssel, wo Verena Schneider lebt und als Komödiantin und Tänzerin ihr Geld verdient. Ihre Kunst erlernt hat sie in Italien und Frankreich, wo sie die Ausbildungen zur zeitgenössischen Zirkuskomödiantin, zum Clown und zur expressionistischen Theaterschauspielerin absolvierte.

Auch auf der Alm ist das Leben ein Auf und Ab

„Es tat gut, die Zivilisation für eine Weile hinter sich zu lassen. Auch, wenn es nicht immer komfortabel war. Wir hatten kein fließendes warmes Wasser und Handyempfang nur hier und dort.“ Oftmals hätten sie das Netz regelrecht zwischen den Bäumen suchen müssen. Umso mehr hat sich Verena Schneider über den Besuch von Familie oder Freunden gefreut, die sogar den Aufstieg auf sich nahmen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Und ja, das Leben auf der Alp sei romantisch, erzählt sie: „Es gibt die Stille, es gibt Kerzen, einfaches, uriges Essen und traumhafte Sonnenuntergänge. Aber es kann auch sein, dass es regnet, du eine Kuh suchen musst oder schlichtweg zu müde bist, um all das Schöne zu genießen.“

Man lernt die Tiere kennen – und sich selbst

alm_bild_1Verena Schneider stammt aus dem österreichischen Kramsach, einer kleiner Gemeinde in Kufstein. Man könnte meinen, sie sei dort schon mit bäuerlichem Leben in Berührung gekommen. Tatsächlich aber haben sie Freunde auf die Idee gebracht, auf die Alp zu gehen und mit Tieren zu arbeiten. „Der Ablauf auf der Alp war jeden Tag gleich: Ich bin morgens zwischen vier und halb sechs das erste Mal losgezogen, um die Kühe zum Melken zusammenzutreiben, ein zweites Mal am Nachmittag.“ In der Zwischenzeit galt es, Käse zu machen, Zäune zu reparieren und sich um das eigene Essen zu kümmern. Und so seien es die Tiere gewesen, die Leben in den Alltag gebracht hätten: „Sie verstecken sich, wollen gesucht und motiviert werden, die gewünschte Richtung einzuschlagen. Oder sie werden krank. Dadurch baut man eine Beziehung zu ihnen auf, lernt ihre Charaktere kennen und unterscheiden.“ Auch sich selbst lerne man besser kennen – insbesondere seine Grenzen in Bezug auf Geduld und Ausdauer, erzählt die zierliche Tänzerin mit einem Augenzwinkern.

Das Leben oben erdet

„Das Leben mit der Natur und mit Tieren erdet, es entfernt dich von der ständigen Erreichbarkeit, die auf der Alp keine Rolle spielt“, resümiert Verena Schneider. „Dort geht es nur darum, im Hier und Jetzt zu sein, die Tiere im Blick zu haben und die Milch auf den Punkt genau zu Käse zu verarbeiten.“ Man benötige vor allem den Körper, um seiner Verantwortung gerecht zu werden und weniger den Geist. Genau das ist es, was bei vielen Menschen im Großstadtalltag zur kurz kommt.

Zurück im Alltag, fällt das „unten bleiben“ leichter

alm_bild_2Verena Schneider empfiehlt allen, die es ihr gleich tun möchten, eine gewisse Fitness und körperliche Belastbarkeit mitzubringen. Die ersten zwei, drei Wochen seien besonders anstrengend, da man sich erst an die neue Tätigkeit gewöhnen müsse. Auch könne es nachts oder bei Regen sehr kalt werden, was die Körperhygiene mit kaltem Wasser nicht unbedingt angenehmer mache. Aber es sei machbar. „Und es lohnt sich! Zumal man den Komfort des Lebens in der Zivilisation anschließend umso mehr genießt – mit mehr Ruhe und deutlich geringerer Abhängigkeit von Telefon und Internet.“

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