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Klimakompensation – sinnvoll oder gegen schlechtes Gewissen?

 

Im nasskalten Winter ist für viele Menschen die Sehnsucht nach warmen Sommertagen besonders groß. Grund genug sich bereits mit der Planung des Sommerurlaubs auseinanderzusetzen. Bevor wir unsere Flüge buchen, können wir überlegen, die dabei ausgestoßenen Emissionen durch Kompensationszahlungen auszugleichen. Doch sind diese tatsächlich eine effektive Lösung oder erleichtern sie nur unser schlechtes Gewissen?

Was sind Kompensationszahlungen?

Egal, was wir kaufen, essen oder wohin wir reisen: Es entstehen fast immer klimaschädliche Emissionen. Die Grundidee hinter Kompensationszahlungen ist daher, die angefallenen CO2-Emissionen durch eine Geldspende auszugleichen. Die Spende unterstützt dann ein Klimaschutzprojekt und kommt so der Umwelt zugute. Das funktioniert weltweit, denn das Klima unterscheidet nicht, wer in welchem Land Treibhausgase ausstößt. Wichtig ist allerdings, dass durch Kompensationszahlungen Umweltschäden nur minimiert, aber nicht verhindert werden. Zunächst nur bei Flugreisen angewendet, öffnet sich der Markt zunehmend auch für Emissionen verschiedenster Größenordnung – angefangen bei dem neuen Laptop, der Ananas oder Busreisen bis hin zu ganzen Unternehmen, die ihre Emissionen ausgleichen wollen.

Wie funktioniert Kompensation?

Anbieter für Klimakompensation gibt es viele: Die bekanntesten Namen lauten Atmosfair, Myclimate, Arktik oder ClimatePartner. Sie berechnen anhand individuell eingegebener Daten die Höhe der beispielsweise durch einen Flug aufgekommenen Emissionen und gleichen diese über Emissionsminderungsgutschriften – meist als Zertifikate bezeichnet – aus. Diese Zertifikate kompensieren die angefallenen Emissionen wiederum in Klimaschutzprojekten. Einige der Anbieter betreiben eigene Projekte, andere kaufen und verkaufen Gutschriften bestehender Projekte. Auch Drittanbieter gibt es – dazu zählen Flug- und Busgesellschaften, Reiseportale oder Druckereien, die CO2-Kompensation direkt beim Kauf anbieten: Hier ist oftmals nur ein Mausklick nötig. Das bedeutet, auch wenn Produkte als „klimaneutral“ gekennzeichnet sind, können hierfür CO2-Emissionen und andere Treibhausgase angefallen sein – sie wurden aber durch Kompensationszahlungen ausgeglichen.

Wann ist Kompensation sinnvoll?

Besser als den eigenen CO2-Fußabdruck aufwendig auszugleichen, ist es natürlich, erst gar keine Emissionen zu produzieren oder die eigenen Emissionen zu verringern. Wenn das aber nicht möglich ist, sollte kompensiert werden. Sinnvoll sind Kompensationszahlungen beispielsweise dann, wenn es keine realistische Alternative gibt, die weniger CO2 verursacht.

Wenn Sie Ihren eigenen Emissionsausstoß verbessern wollen, finden Sie weitere Infos in unserem Blog-Beitrag zum CO2-Fußabdruck.

Worauf sollte man bei Kompensation achten?

Da Emissionen weltweit anfallen, lassen sie sich auch durch Projekte auf der ganzen Welt ausgleichen. Einheitlichkeit ist bei Klimaschutzprojekten allerdings Fehlanzeige – allein in Deutschland gibt es acht verschiedene Qualitätsstandards. Für die Nutzer klären sie wichtige Fragen – beispielsweise ob ein Klimaschutzprojekt negative Nebeneffekte wie die Verdrängung einheimischer Tier- und Pflanzenarten zur Folge hat oder ob am Ende eines Projektes – wie zum Beispiel der Errichtung eines neuen Windparks – wirklich Emissionen in angestrebter Höhe ausgeglichen werden.
Eine Voraussetzung ist für Klimaschutzprojekte jedoch elementar: das Prinzip der Zusätzlichkeit. Ohne Klimakompensationen und den Erlös aus dem Verkauf der Zertifikate würde es das Projekt nicht geben. Es muss also erst für den Ausgleich von Treibhausgasen ins Leben gerufen worden sein und dementsprechend handelt es sich um eine zusätzliche Maßnahme zum Klimaschutz.

Was für Klimaschutzprojekte gibt es?

PflanzeDen größten Anteil machen Energieprojekte aus. Sie investieren beispielsweise in erneuerbare Energien oder Energieeffizienz und reduzieren auf diese Weise den weltweiten CO2-Ausstoß. Ein Beispiel für ein Energieprojekt ist die Installation unterirdischer Kleinbiogasanlagen in Nepal. Denn besonders die Bevölkerung in den ländlichen Gebieten Nepals nutzt zum Heizen Feuerholz und kocht auch über offenem Feuer. Dies führt neben CO2-Ausstoß auch zur Abholzung der Wälder. Biogas bietet sich für die Bevölkerung als bezahlbare Alternative an. Es reduziert die CO2-Emissionen und den Bedarf an Feuerholz. Gewonnen wird das Biogas durch die Vergärung von Kuhdünger, weiteren Agrarabfällen und Fäkalien in unterirdischen Kleinbiogasanlagen. Im Durchschnitt spart eine Biogasanlage gegenüber der traditionellen Nutzung von Feuerholz jährlich drei Tonnen CO2-Emissionen und zwei Tonnen Feuerholz ein.

Besonders in bevölkerungsreichen Städten verschmutzen große Müllmengen die Luft, das Grundwasser und den Boden. Daher besteht auch in Projekten in den Bereichen Abfall- und Deponiegas Potenzial zur Verbesserung des Klimas. In Indonesien ist beispielsweise unter anderem der organische Müll, der im öffentlichen Raum verfault für CO2-Emissionen verantwortlich. Daher wurden dort Anlagen zur Trennung, Kompostierung und Recycling der Abfälle geschaffen. Jährlich werden nun 2.000 Tonnen CO2 eingespart. Dazu entstanden Arbeitsplätze, lokale Umweltprobleme wurden verringert und der Abfall kann getrennt gesammelt auch als Energiequelle oder Dünger genutzt werden.

Neben Projekten, die den Ausstoß von CO2 reduzieren wollen, gibt es auch Projekte, die das Speichern von CO2 beispielsweise in Wäldern und Mooren fördern. In Nicaragua unterstützt ein Projekt Kleinbauern dabei, einheimische Bäume in Mischwäldern zu pflanzen. Jährlich entziehen dort nun 9.000 Bäume der Umwelt rund 36 Tonnen CO2-Emissionen. Zusätzlich wird durch die Mischwälder mehr Wasser im Boden gespeichert. Dies verhindert die Bodenerosion und schützt ebenfalls das Klima.
Neben Bäumen speichern auch Moore in Torf CO2 – und dies sehr effizient. Denn intakte, nasse Moore speichern doppelt so viel CO2, wie weltweit in Wäldern enthalten ist. Trocknet ein Moor jedoch aus oder wird von Menschen entwässert – häufig um darauf Landwirtschaft zu betreiben – wird das gespeicherte CO2 freigesetzt. Moorprojekte – unter anderem auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein – vernässen Moore wieder. Dies reduziert die CO2-Emissionen. Außerdem verbessern Moore die Wasserqualität und den Wasserhaushalt der Region und sichern die Artenvielfalt von seltenen Pflanzen- und Tierarten.

Was sagen Kritiker zu Kompensationszahlungen?

Kritiker von Kompensationszahlungen befürchten, dass diese die Konsumenten dazu verleiten, sich nicht mehr um eine klimaschonende Lebensweise zu bemühen. Sie sind der Meinung, dass sich mit vermeintlich geringem finanziellem und persönlichem Aufwand ein reines Gewissen erkaufen lässt. Manche vergleichen den Verkauf von Emissionsminderungsgutschriften sogar mit dem Ablasshandel der katholischen Kirche. Die gefährliche Konsequenz: Durch das per Mausklick erleichterte Gewissen wird eine langfristig notwendige Änderung des Konsumverhaltens verzögert. Eine solche Entwicklung wäre für das Klima in der Tat ein Problem. Daher stellen seriöse Anbieter für Kompensationszahlungen die Vermeidung von Emissionen über die Kompensation dieser und versuchen, umfangreiche Aufklärung zu betreiben. Darüber hinaus führt die freiwillige Klimakompensation zu einem Auseinandersetzen mit den Emissionen, die durch den persönlichen Konsum und die individuellen Aktivitäten entstehen. Dies kann ein stärkeres Bewusstsein für die persönliche CO2-Bilanz und den eigenen Beitrag zum Klimawandel zur Folge haben. Außerdem können Kompensationsprojekte neben den Auswirkungen auf das Klima auch weitere positive Effekte auf die nachhaltige Entwicklung der Bevölkerung im Land des jeweiligen Projektes zur Folge haben.

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