Plastikgranulat
14 Lesern gefällt das

Mit neuen Pfandregelungen auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft?

 

Bier, Wasser, Cola, Saft – wir trinken gerne und mit gutem Gewissen aus Plastikflaschen. Wird ja schließlich recycelt. Nicht ganz. Zwar verehren wir Deutschen den gelben Sack als das Herzstück des Plastikrecyclings, das heißt aber noch lange nicht, dass aus seinem Inhalt automatisch ein neues Recyclingprodukt entsteht. Rezyklat, also recyceltes Plastik, ist ein essenzieller Baustein echter Kreislaufwirtschaft und zugleich Mangelware. Wir erklären euch, woran das liegt.

EtikettenZahlreiche Einweg-Getränkeflaschen sind in Deutschland pfandpflichtig. Neben Waser, Bier und Limo betrifft das seit dem Jahresbeginn 2022 auch Smoothies und Säfte. Lediglich Milchgetränke haben noch eine Schonfrist bis 2024. Das bisweilen als lästig empfundene Plastikpfand soll Abfall vermindern und Plastikrecycling fördern. Vor dem Hintergrund von Plastikbergen in unserer Umwelt und den Weltmeeren ist das sogenannte Rezyklat ein Hoffnungsträger, der verheißungs- und voraussetzungsvoll zugleich ist.

Rezyklat ist das Produkt von Kunstoffrecycling. Dafür wird Altplastik zerkleinert, eingeschmolzen und anschließend zu Rezyklat verarbeitet. Aus dem Rezyklat als Sekundärrohstoff lassen sich neue Plastikprodukte wie Getränke- oder Shampoo-Flaschen herstellen. Doch genau dieser Sekundärrohstoff ist knapp und fehlt der Wirtschaft, um die EU-Ziele an recyceltem Plastik in Einwegkunststoff – ab 2025 aus mindestens 25 Prozent, ab 2030 30 Prozent – zu erreichen.

Rezyklatmangel – Bremse für die Kreislaufwirtschaft

Doch wie kann es sein, dass Rezyklat fehlt, wenn jeder Deutsche pro Jahr 39 Kilo Plastikmüll produziert? Auch der europäische Pro-Kopf-Durchschnitt liegt immer noch bei 33 kg.

KunststoffgranulatWichtig für die Herstellung von Rezyklat ist die Sortenreinheit des Plastiks. Das heißt: Nur gleichartiger Kunststoff kann miteinander verschmolzen und wiederverwertet werden. Ansonsten lassen sich viele Plastiksorten nur schwer recyceln. Besonders schwierig wird es, wenn verschiedene Kunststoffe miteinander verklebt sind. Daher müssen Plastikabfälle, die im gelben Sack landen, zunächst sortenrein getrennt und dann gereinigt werden, bevor aus ihnen Rezyklate gewonnen werden können. Dieser Prozess ist aufwändig und treibt die Kosten in die Höhe. Das macht Plastikrecycling wirtschaftlich unattraktiv. In der Folge endet ein Großteil des Plastikmülls in der Verbrennungsanlage. So wurden laut Umweltbundesamt in Deutschland im Jahr 2019 von 6,8 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen nicht einmal die Hälfte wert- und rohstofflich genutzt. Der Rest landete in der Müllverbrennungsanlage.

Aufgrund der hohen Kosten greifen viele Recyclingfirmen für ihre Rezyklatproduktion auf die vorsortierten Abfälle aus der Industrie zurück. Da auch dieses Angebot begrenzt ist, bleibt Rezyklat ein knappes und teures Gut. Dieser Mangel bremst die Kreislaufwirtschaft aus, sodass viele Unternehmen für die Verpackungen ihrer Produkte neuen Kunststoff aus Rohöl herstellen, statt auf Altplastik zurückzugreifen.

Die Pfandpflicht unterstützt die Vorsortierung

Dem tritt die Neuerung des Verpackungsgesetz entgegen: Landete die PET-Saftflasche bis zum Silvestertag 2021 noch im gelben Sack und damit häufig in der Müllverbrennungsanlage, dient sie ab sofort zur Herstellung von sortenreinem Rezyklat. Immer mehr Einweg-Getränkeflaschen werden über das Pfandsystem sortiert und gelangen so direkt in den Recyclingprozess. Das gewonnene Rezyklat wird im nächsten Schritt genutzt, um neue PET-Flaschen (Polyethylenterephthalat), Folie oder Textilfasern herzustellen. Auf diese Weise kann eine PET-Flasche unendlich oft recycelt werden.

Pilotprojekt „Holy Grail 2.0“

Für alle weiteren pfandfreien Plastikabfälle bleibt die Problematik des aufwändigen Sortierens. Dem möchte sich die Initiative „Holy Grail 2.0“ annehmen. In diesem Pilotprojekt werden die verschiedenen Plastiksorten durch ein digitales Wasserzeichen gekennzeichnet. Mithilfe dieser Markierung können Recyclingbetriebe die Plastiksorte einfach nachvollziehen und so Plastikmüll effizienter sortieren. Damit sollen sich die Menge an produziertem Rezyklat und mit ihr auch der Anteil an wiederverwertetem Plastik erhöhen. Der Haken: Es reicht nicht, nur die Verpackungen mit einem Wasserzeichen zu versehen. Die Sortieranlagen der Recyclingbetriebe müssen mit der entsprechenden Software zur automatisierten Erkennung der Wasserzeichen nachgerüstet werden. Daher bleibt abzuwarten, ob sich das Pilotprojekt durchsetzt und dem weltweiten Rezyklatmangel Abhilfe verschaffen kann.

Kreislaufwirtschaft

Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft sieht Produktionsprozesse als in sich geschlossenen Kreislauf an. Produkte werden zunächst repariert und nach ihrem Produktlebenszyklus möglichst vollständig recycelt. Auf diese Weise finden Rohstoffe eine Wiederverwendung in einem weiteren Produktleben und natürliche Ressourcen werden geschont. Gleichzeitig soll die Kreislaufwirtschaft so auch eine umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen sicherstellen.

 

14 Lesern gefällt das

Schreibe gerne einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.